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Anleihefinanzierung für den Mittelstand

Circa 100 börsennotierte Anleihen mittelständischer Unternehmen wurden seit 2010 aufgelegt. In letzter Zeit wird diese Finanzierungsform in der Wirtschaftspresse viel kritisiert. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass es neben dem oft zitierten Schatten auch viel Licht gibt.
Finanzierungen über Anleihen sind ein schon lange etabliertes Instrument. Im Ausland, z. B. in den USA, sind sie noch wesentlich stärker verbreitet als hierzulande. Seit der Finanzkrise hat diese bankenunabhängige Finanzierung jedoch auch für den deutschen Mittelstand erheblich an Bedeutung gewonnen.

Das Segment der Mittelstandsanleihen zeigt aktuell mit mehr als 10 % eine überdurchschnittlich hohe Ausfallquote. Viele dieser Fälle stammen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und folgen damit einem Branchentrend. Darüber hinaus gibt es einige weitere Fälle, in denen der Markt Emittenten angezogen hat, die wie sich jetzt zeigt hierfür nicht geeignet waren. „Dies ist aber kein Grund, nunmehr das komplette Segment in Bausch und Bogen zu verurteilen“, führt Thorsten Kuthe von der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek aus. „So notiert z. B. der Kurs vieler Mittelstandsanleihen über 100 %. Das ist ein Zeichen dafür, dass Investoren hier von soliden Verhältnissen ausgehen.“ Gleichzeitig nimmt die Professionalisierung des Marktes zu. „Die von uns von Beginn an geforderte Einführung von Covenants und Sicherheiten wie sie professionelle Anleger erwarten, setzt sich immer stärker durch“, erläutert Kuthes Kollegin Madeleine Zipperle. Der Markt wird inzwischen von institutionellen Investoren dominiert. Der Trend geht zu einem stärker ausdifferenzierten Chancen-Risiko-Profil. Dadurch besteht für gute Emittenten auch die Möglichkeit, einen niedrigeren Zinssatz zu erzielen. „Zunehmend prägen klassische mittelständische Branchen, wie etwa Automobilzulieferer, das Emissionsgeschehen“, berichten die beiden Kapitalmarktrechtler aus ihrer Erfahrung.

Die einen sprechen von „Flegeljahren“ des Mittelstandsanleihemarktes, die anderen von „Kinderkrankheiten“. Eines darf allerdings nicht vergessen werden: Bei Renditen von 6,5 % bis 9 % ist zwangsläufig der ein oder andere Ausfall zu erwarten. „Wenn Emittenten und Emissionspartner den eingeschlagenen Weg des professionalisierten Kapitalmarktauftritts weiter verfolgen, werden in den nächsten Jahren weitere Emissionen vieler interessanter Unternehmen zu beobachten sein“, lautet das Fazit von Kuthe und Zipperle.

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