Politik

Annalena Baerbock – Opfer der eigenen Moral-Ansprüche

Auffallend prominent auf Seite 1 platziert hatte die „FAZ“ am vergangenen Mittwoch die Nachricht von vermeintlichen Plagiaten in dem jüngst erschienen Buch der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“. Damit sorgte das meinungsbildende Blatt für eine öffentlichkeitswirksame Verstärkung der Recherchen des „Focus“, auf die sich sogleich auch andere Medien begierig stürzten.

Bei dem Baerbock-Buch handelt es sich jedoch nicht um ein wissenschaftliches Elaborat oder gar eine Doktorarbeit, sondern um ein offensichtlich für Wahlkampfzwecke eilig zusammengestoppeltes Konvolut der politischen Ansichten der grünen Kanzlerkandidatin. Der österreichische Plagiatsjäger Stefan Weber, der aus eigenem Antrieb heraus, wie er selbst behauptet, den Stein ins Rollen brachte, beziffert gegenüber „Focus Online“ die angeblich abgekupferten Textstellen auf bislang 10 Seiten. Gemessen am Gesamtwerk (240 Seiten) sei dieser Anteil aber noch nicht hoch, wie Weber zugibt. Die mediale Aufregung erscheint denn auch ziemlich aufgebauscht. Politisch sind die Plagiatsvorwürfe für Baerbock und die Grünen gleichwohl hochbrisant.

Nach den Ungereimtheiten in ihrem Lebenslauf, bei deren Aufdeckung Weber ebenfalls mitgemischt hat, ist Baerbocks politische Glaubwürdigkeit ohnehin schon angeknackst. Ihre Beliebtheitswerte liegen seither im Keller. Die politische Konkurrenz glaubt denn auch, endlich den ersehnten Hebel gefunden zu haben, um Baerbock am Zeug zu flicken. Dabei haben es die Grünen mit ihren demonstrativ zur Schau gestellten Moralansprüchen ihren Gegnern auch leicht gemacht. Auch müssen sich die Grünen eine gewisse Naivität vorwerfen lassen. Sie haben sich zwar auf harte inhaltliche Auseinandersetzungen eingestellt, nicht aber auf persönliche Angriffe. Doch die Grünen scheinen mittlerweile dazugelernt zu haben. Um die Plagiatsvorwürfe zu entkräften, haben sie den prominenten Medienanwalt Christian Schertz angeheuert. Zudem keilt die grüne Parteizentrale inzwischen kräftig zurück („Versuch von Rufmord“, „Schmutzkampagne“). Die Grünen wissen jetzt, dass es in der Wahlkampf-Küche verdammt heiß werden kann.

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