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Aufgelöster Konzernverbund: Wer zahlt die Bußgelder?

Verhängt die Europäische Kommission Bußgelder wegen Verstößen gegen das Kartellrecht, sind oft nicht nur die Gesellschaften betroffen, deren Organe und Mitarbeiter unmittelbar an den Absprachen mitgewirkt haben. Adressaten der Entscheidung – und Schuldner des Bußgelds – sind meistens auch Gesellschaften, die mit der unmittelbar beteiligten Gesellschaft während des Kartellzeitraums eine „wirtschaftliche Einheit“ bildeten. Das ist meist insbesondere bei 100%-Beteiligungen die (Konzern-)Muttergesellschaft. Zu besonderen Problemen kommt es, wenn die Beteiligung der Muttergesellschaft an der unmittelbar beteiligten Gesellschaft zwar während des Kartellzeitraums bestand, aber nicht mehr bei Erlass der Bußgeldentscheidung.

Die verschiedenen Adressaten haften gegenüber der Kommission nämlich als Gesamtschuldner. „Der Kommission ist es egal, wie die Gesellschaften den internen Ausgleich regeln, solange irgendjemand zahlt“, sagt Carsten Grave, Partner im Fachbereich Kartellrecht bei Linklaters in Düsseldorf. „Es ist aber dieser interne Ausgleich, der – nach Auflösung des Konzernverbunds – schließlich darüber entscheidet, wessen Anteilseigner die wirtschaftliche Last tragen.“

Die Kommission legt jedenfalls nicht fest, wer im Innenverhältnis letztlich welchen Betrag zu tragen hat. In einem Urteil vom 10.4.2014 (Rs. C-231/11) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass die Kommission dazu weder verpflichtet noch befugt ist, selbst wenn der Konzernverbund zum Zeitpunkt der Bußgeldentscheidung bereits aufgelöst wurde. Der Streit zwischen nicht mehr verbundenen Gesellschaften ist dann vorprogrammiert. Ein solches Verfahren, in dem um die interne Verteilung der wegen des Calciumcarbid-Kartells verhängten Geldbuße gestritten wird, ist derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig, der nun den EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren (Rs. C-451/13) ersucht hat, sich zum inhaltlichen Maßstab für den Gesamtschuldnerausgleich zu äußern. Fest steht auf Grund des jüngsten Urteils des EuGH nur, dass sich der Gesamtschuldnerausgleich nach dem nationalen Zivilrecht richtet, welches wiederum im Einklang mit dem Europarecht auszulegen ist. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH den mitgliedstaatlichen Gerichten detaillierte Hinweise zu den unionsrechtlichen Erfordernissen an die Hand gibt. „Eine Lösung, die auf die Verantwortung oder relative Schuld für die Begehung der Zuwiderhandlung abstellt, hält der EuGH jedenfalls für möglich“, so Grave.

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