Autoindustrie – Charmeoffensive für Softwareentwickler
Tarifeinigungen zwischen Arbeitnehmern und Großkonzern sind die Regel, auch wenn diese zumeist erstritten werden müssen. Der Haustarif, den Daimler nun ganz freiwillig für seine Softwareentwickler vereinbart hat, spricht Bände über die zukünftige Ausrichtung nicht nur der Mercedes Benz-Mutter, sondern der gesamten Autoindustrie.

Den Softwarespezialisten (3 000 sollen es bis Mitte 2022 werden), die am eigenen Betriebssystem MB.OS für die Konzernflotte programmieren sollen, rollt Daimler den roten Teppich aus: Der exklusiv für die ITler geltende Tarif ist mit Annehmlichkeiten wie einer hohen Arbeitsflexibilität, einem eigenen Boni-Vergütungssystem und freier Arbeitszeitgestaltung mit der Option auf längere „Freizeitblöcke“ (Sabbaticals) gespickt. All das bei angenehmen 40 Stunden die Woche. Die Tarifofferte ist eine klares Statement: Die Brache konkurriert nicht untereinander, sondern mit den Tech-Giganten aus den USA – Apple, Microsoft, Google. Denn nicht der Motor (oder die Batterie) ist das Herzstück des Autos von morgen, sondern die Software, die allen voran in-house entstehen soll.
Die US-Riesen winken zwar mit extrem hoch bezahlten Jobs für Softwareingenieure, Work-Life-Balance ist hier jedoch oft ein Fremdwort. Für junge, kluge Digitaltalente wird das immer wichtiger. Und die Softwarespezialisten sind hochgefragt und rar. Bei Daimler bekommen sie das Gesamtpaket. Der neue Tarifvertrag sei daher ein großer Wettbewerbsvorteil, erklärt der Autobauer. Mit der Kampfansage an die Tech-Hochburgen in den USA steht Daimler nicht alleine. Auch VW, deren Software-Tochter Car.Software.Org Herzstück der Konzerntransformation ist, hat einen exklusiven Haustarif für die begehrten Computer-Experten aufgesetzt. Das Grundmodell in Wolfsburg sieht sogar nur 35 Wochenstunden vor.