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BAG stellt Veräußerungsmodelle des Insolvenzverwalters in Frage

Geht ein Betrieb auf einen anderen Inhaber über, so muss der Erwerber gemäß § 613a BGB alle Arbeitnehmer des veräußerten Betriebs übernehmen.

Doch was passiert, wenn ein insolventes Unternehmen erworben wird, dessen Arbeitnehmer zwischenzeitlich in eine „Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft“ (BQG) überführt wurden? Mit Urteil vom 18.8.11 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass ein solcher Wechsel unwirksam sein kann, wenn dadurch, bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes, die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bezweckt wird.

Der auf Feststellung einer längeren Kündigungsfrist klagende Arbeitnehmer hatte – wie der Rest der Belegschaft – dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit seinem insolventen Arbeitgeber und dem Eintritt in eine BQG zugestimmt. Somit konnte der Erwerber den Betrieb „arbeitnehmerfrei“ übernehmen. Diese Form der Sanierung durch eine Betriebsveräußerung unter Zwischenschaltung einer BQG ist vom BAG bereits in mehreren Entscheidungen als grundsätzlich zulässig angesehen worden. Auch mehrere Instanzgerichte haben die Wirksamkeit solcher dreiseitigen Verträge bestätigt. „Daher ist man bislang davon ausgegangen, dass der einvernehmliche Übergang von Arbeitnehmern in eine Beschäftigungsgesellschaft „§ 613a-fest“ ist – sofern hierbei einige von der Rechtsprechung aufgestellte Bedingungen beachtet werden“, erklärt Matthias Füssel, Arbeitsrechtsexperte bei Linklaters.

Im aktuellen Fall erklärte das BAG die Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses jedoch für unwirksam. Zu deutlich lag für den 8. Senat auf der Hand, dass die „Beschäftigung“ bei der Transfergesellschaft als Umgehung von § 613a BGB zu werten ist. Dem Arbeitnehmer sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Betriebserwerberin bereits verbindlich in Aussicht gestellt worden; auf eine eintägige Unterbrechung durch den Vertrag mit der Transfergesellschaft könne sich der Erwerber nicht berufen.

Die wichtigste Folge der Entscheidung: Ausgeschieden geglaubte Arbeitnehmer können – unter Anrechnung ihres Besitzstandes – beanspruchen, beim Erwerber weiterbeschäftigt zu werden. „Der Gestaltungsspielraum von Insolvenzverwaltern und Erwerbern ist enger geworden. Sie müssen nun noch genauer prüfen, inwieweit ausgeschiedene Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht haben – und ob später übernommene Arbeitnehmer die beim Veräußerer gewährten Konditionen auch vom Erwerber beanspruchen können“, so Füssel.

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