Bayer darf nicht enden wie Hoechst
Zuletzt war der Druck der Investoren und Aktivisten so gewaltig geworden, dass Bayer-Oberaufseher Norbert Winkeljohann (bis 2018 PwC) nicht mehr länger warten konnte, mit dem ehemaligen Roche-Pharmachef Bill Anderson (56) einen externen Nachfolger für den glücklosen Vorstandschef Werner Baumann zu präsentieren.

Die Personalie ist zugleich auch ein Signal, dass sich Bayer künftig verstärkt auf den Pharma-Bereich konzentrieren wird und dabei insbesondere das Zukunftsfeld Biotechnologie ausbauen will, in dem die Leverkusener bislang noch unterbelichtet sind. Der Amerikaner und studierte Chemieingenieur hat in seiner Management-Karriere bereits mehrere Biotechnologieunternehmen geleitet und hat bei Roche gezeigt, dass er keine Scheu vor dem Aufbrechen von Strukturen hat.
An der Börse machten denn auch sogleich Spekulationen über eine mögliche Abspaltung der Agrochemie-Sparte die Runde. Galt die Akquisition des US-Saatgutkonzerns Monsanto doch auch als eine Art Giftpille, um Bayer vor einer feindlichen Übernahme durch einen der internationalen Pharma-Riesen zu schützen. Denn im Vergleich mit den Pharma-Dickschiffen wie Sanofi (112 Mrd. Euro Börsenwert) oder Novartis (173 Mrd. Euro) ist das Pharma-Geschäft von Bayer ein eher mittelgroßer Fisch. Mit ihrer Forderung nach Abtrennung der Agrochemie-Sparte spekulieren insbesondere Aktivisten offensichtlich auf eine satte Prämie bei einer feindlichen Übernahme der Leverkusener.
Damit würde Bayer ein ähnliches Schicksal drohen wie der einstigen Hoechst AG, die faktisch komplett in der heutigen Sanofi untergegangen ist. Bei Hoechst saß mit Jürgen Dormann der größte „Aktivist“ allerdings an der Vorstandsspitze. Um Bayers Unabhängigkeit zu retten, wird Anderson im Geflecht der unterschiedlichen Interessen der Investoren viel Geschick benötigen. So könnte der neue Bayer-Chef, der sein Amt bereits Anfang Juni antreten soll, Akquisitionen im Biotechnologiesektor durch einen (Teil-)Börsengang der Crop Science-Sparte finanzieren. Deutschland galt einst als „Apotheke der Welt“. Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Bayer muss es besser machen als Hoechst. fm