Briefzustellung – Ver.di schmeckt Altmaiers Vorstoß gar nicht
Zwei Dinge gelten hierzulande als unumstößlich: der verkaufsfreie Sonntag im Einzelhandel und die Postzustellung an sechs Tagen in der Woche. Mit seinem Vorstoß, die traditionelle Auslieferung von Briefen im digitalen Zeitalter zu überprüfen, wühlt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier jetzt die Gewerkschaft Ver.di auf.
Eine Verringerung der gesetzlich festgeschriebenen Zustellungstage, wie sie das Ministerium diskutieren will, bedrohe bei der Deutschen Post Arbeitsplätze und -qualität, wetterte zum Wochenende die zuständige Vorständin und stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis.
Mindestens 10 000 Stellen in der Zustellung und den Briefzentren sieht Kocsis im Bonner Konzern von dem Einschnitt in das seit 20 Jahren geltende Postrecht betroffen. Außerdem sei die Zustellung von Brief und Paket an sechs Tagen ein Kernelement einer qualitativ hochwertigen Postversorgung in Stadt und Land. „Das kann dem Bundeswirtschaftsminister nicht egal sein“, klagte Kocsis an. Dessen Ressort zeigt sich von dem Angriff überrumpelt. Entschieden sei dazu noch nichts, konterte das Berliner Ministerium. In der Praxis treffen damit einmal mehr die Gewohnheiten der alten Arbeitswelt auf den Modernisierungszwang des Digitalen.
Schon seit längerem forciert die Post eine Anpassung an das EU-Recht, welches die Zustellung bloß an fünf Wochentagen vorschreibt. Das Sechs-Tage-Prinzip ist ein deutscher Sonderweg. Aus Sicht der Bonner böte sich die Streichung des Montags an, der mit weniger als 2% der wöchentlichen Briefsendungen ruhigste Tag der Post-Woche. Konzernchef Frank Appel käme die Umsetzung von Altmaiers Idee indes gelegen, ist das deutsche Brief- und Paketgeschäft (P&P) doch sein Sorgenkind. Die Porto-Erhöhung zum 1.8. soll das Ertragsproblem der Sparte (Q1: -44% auf 178 Mio. Euro) mildern. Wie viel die Mehreinnahmen nach dem 1. Hj. stopfen müssen, verrät der gelbe DAX-Riese morgen (6.8.). Analysten rechnen bei P&P für das Q2 mit einem EBIT von 157 (Vj.: 108) Mio. Euro.