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Delisting und Downlisting in der neuen Rechtsprechung des BGH

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Welche Voraussetzungen müssen börsennotierte Unternehmen erfüllen, um sich vom Kapitalmarkt vollständig zurückzuziehen oder vom regulierten Markt in den Freiverkehr zu wechseln? Mit Beschluss vom 8.10.2013 hat der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage neu beantwortet und dabei seine bisherige „Macrotron“-Rechtsprechung aus dem Jahr 2002 ausdrücklich aufgegeben.

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Bislang hatte der BGH stets darauf abgestellt, dass auch das Recht, Aktieneigentum jederzeit veräußern zu können, verfassungsrechtlich geschützt sei. Hieraus hat er abgeleitet, dass ein vollständiger Rückzug von der Börse (so genanntes Delisting) die Mitwirkung der Aktionäre durch Hauptversammlungsbeschluss erfordere. Zudem müsse ihnen für ihre Aktien ein Pflichtangebot durch die Gesellschaft oder deren Hauptaktionär unterbreitet werden, um sie auch vermögensrechtlich so zu stellen, als hätten sie ihre Aktien vor dem Delisting am Kapitalmarkt frei veräußert. „Diese doppelte Anforderung hat der BGH nunmehr mit seiner ,Frosta‘-Entscheidung ausdrücklich aufgegeben“, erläutert Tim Johannsen-Roth, Partner für Gesellschaftsrecht bei Linklaters in Düsseldorf. 

Anlass für diesen Rechtsprechungswandel ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr, wonach nur die rechtliche Verkehrsfähigkeit einer Aktie, nicht aber die tatsächliche Veräußerbarkeit geschützt ist. „Der vom BGH behandelte Fall betraf zwar kein Delisting, sondern nur ein ,Downlisting‘ der Frosta AG, also den Wechsel vom regulierten Markt in den Freiverkehr“, erläutert Johannsen-Roth, „gleichwohl hat der BGH sowohl für das Delisting als auch für das Downlisting nunmehr einheitlich entschieden, dass es sich hierbei um Geschäftsführungsentscheidungen handelt, die ohne Zustimmung der Hauptversammlung erfolgen können und auch kein Abfindungsangebot voraussetzen.“ Für die Praxis sieht der Gesellschaftsrechtler insbesondere Erleichterungen für kleinere börsennotierte Unternehmen: „Der Rechtsprechungswechsel des BGH führt vor allem dazu, dass Unternehmen der Rückzug von der Börse oder ein Downlisting und die Realisierung der damit einhergehenden Kosteneinsparungspotentiale erheblich erleichtert werden, weil dies nicht um den Preis möglicher Liquiditätsbelastungen für Abfindungszahlungen an Aktionäre und Hauptversammlungsaufwand erkauft werden muss.“

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