Der Debt-to-Equity-Swap im Rahmen des ESUG
"Die Bundesregierung hat am 4.5.11 den Gesetzesentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf eröffnet unter anderem im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens die bislang nicht vorgesehene Möglichkeit, Forderungen im Zweifel auch ohne Zustimmung der Altgesellschafter in Anteilsrechte umzuwandeln. Dirk Schoene, Rechtsanwalt bei Salans in Berlin, erläutert, wie die neuen Regelungen zum Debt-to-Equity-Swap in der Insolvenzpraxis aussehen sollen.
"
Die Bundesregierung hat am 4.5.11 den Gesetzesentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf eröffnet unter anderem im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens die bislang nicht vorgesehene Möglichkeit, Forderungen im Zweifel auch ohne Zustimmung der Altgesellschafter in Anteilsrechte umzuwandeln. Dirk Schoene, Rechtsanwalt bei Salans in Berlin, erläutert, wie die neuen Regelungen zum Debt-to-Equity-Swap in der Insolvenzpraxis aussehen sollen.
„
Der Insolvenzplan spielt in der aktuellen Insolvenzpraxis noch immer eine untergeordnete Rolle. Insbesondere Insolvenzverwalter machen davon kaum nennenswert Gebrauch, was zum Teil auch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass ein Debt-to-Equity-Swap, wie er in anderen Rechtskreisen gängige Praxis ist, in der deutschen Insolvenzordnung nicht vorgesehen ist. Gegen den Willen der Gesellschafter kann es hierzulande bisher im Rahmen eines Insolvenzplans keine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital geben.
Der vorgelegte Regierungsentwurf sieht nun vor, dass Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der an einem Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden können, sofern der Schuldner keine natürliche Person ist. Hierdurch können z. B. erforderliche Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung ersetzt werden. Zudem sollen Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden können, und zwar ohne Zustimmung der Altgesellschafter. Um diese Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital umzusetzen, ist vorgesehen, dass der Plan insbesondere „eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Anteilsinhaber“ beinhalten kann. Dies bedeutet für die Anteilseigner indes ein bislang nicht vorgesehenes Risiko, gegen ihren Willen z. B. zu Minderheitsgesellschaftern gemacht zu werden.
Zustimmungserfordernis der Gläubiger
Der Diskussionsentwurf aus dem Jahr 2010 sah ursprünglich vor, dass die Zustimmung eines Gläubigers fingiert werden kann. Dies ist nicht mehr Bestandteil des aktuellen Entwurfs, sondern eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger soll nun ausgeschlossen sein. Diese Änderung ist begrüßenswert, da niemand gezwungen werden kann, gegen seinen Willen eine Gesellschafterstellung inne zu haben. Eine Ausnahme besteht lediglich für Inhaber von Schuldverschreibungen, die auf Basis eines Mehrheitsbeschlusses der Anleihegläubiger überstimmt werden können.
Bei der Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei – wie auch bei einer Einbringung außerhalb eines Insolvenzverfahrens – um eine Kapitalerhöhung in Form einer Sacheinlage handelt. Problematisch ist dabei, wie die tatsächliche Bewertung der Forderungen erfolgen soll. Die im Insolvenzplan vorgesehene Quote wird einen ersten Anhaltspunkt geben. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann die Bewertung der Sacheinlage nur innerhalb des Planverfahrens angegriffen werden. Um die Gesellschafterrechte hinreichend zu wahren, sind die Gesellschafter, sofern in ihre Rechte eingegriffen wird, als Beteiligte in den Plan einzubeziehen. Bei der Abstimmung über die Annahme des Plans ist für die Anteilseigner daher eine eigene Gruppe zu bilden. Stimmt diese Gruppe dem Insolvenzplan nicht zu, so kann deren Zustimmung vom Gericht nach dem Obstruktionsverbot ersetzt werden. Der Regierungsentwurf sieht insoweit vor, dass eine unterschiedliche Behandlung der Anteilsinhaber, also etwa die Bevorzugung eines Mehrheitsgesellschafters, ausgeschlossen werden soll.
Sofortige Beschwerde ohne praktische Relevanz
Auch den Anteilseignern steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Allerdings dürfte dies für die Anteilseigner keine praktische Relevanz haben, da die sofortige Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde. Ohne einen solchen würde ein normales Insolvenzverfahren durchgeführt. Dann wäre die Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft jedoch regelmäßig auf Grund der nur quotalen Gläubigerbefriedigung wertlos, so dass die Beschwerde des Anteilseigners im Regelfall mangels Schlechterstellung unzulässig sein wird.
Sanierungsprivileg bietet keine Garantie
Durch die Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital genießen die neuen Anteilseigner das Sanierungsprivileg. Dieses greift, sofern ein Teil ihrer Forderungen auch nach Bestätigung des Insolvenzplans als Forderung gegen Insolvenzschuldner bestehen bleibt oder sie neue Darlehen an den Insolvenzschuldner gewähren. Problematisch ist jedoch, dass die Bestätigung des Insolvenzplans als nachhaltige Sanierung des Unternehmens angesehen werden könnte, so dass bereits mit Annahme des Insolvenzplans das Sanierungsprivileg nicht mehr dauerhaft anwendbar wäre. Neugesellschaftern ist daher dringend abzuraten, sich auf das Sanierungsprivileg zu verlassen. Größere praktische Bedeutung könnte hingegen das Kleinbeteiligungsprivileg erlangen.
Festzuhalten bleibt, dass der im ESUG neu vorgesehene Debt-to-Equity-Swap ein wichtiges Element ist, um die Bedeutung des Insolvenzplans erheblich zu steigern. Insoweit ist die geplante Reform des Insolvenzrecht absolut begrüßenswert.
„