Schienenverkehr

Deutsche Bahn – Lutz‘ Vision hat einen hohen Preis

Auch bei der Deutschen Bahn fällt die Bilanz-PK flach. Da sich Bahn-Chef Richard Lutz vorsorglich in Quarantäne begeben hat, wurde auch kein Webcast angeboten, nur eine Pressemeldung.

Für Lutz Glück im Unglück, hätte er doch schlechte Nachrichten rechtfertigen müssen. Zwar kann der Schienenkönig einen Fahrgastrekord von 151 Mio. Reisenden im Fernverkehr (+1,9%) und ein minimales Umsatzplus von 0,9% auf 44,4 Mrd. Euro ausweisen. Doch der schon seit Jahren immer wieder übertroffene Fahrgastrekord ist angesichts des klimapolitischen Rückenwinds keine Überraschung mehr, sehr wohl aber eine Belastung.

Die zu stemmen, werde auf mehrere Jahre das Ergebnis belasten, lässt Lutz sich zitieren. Seine „Starke Schiene“-Strategie ist hochambitioniert (260 Mio. Fahrgäste bis 2030), sehr teuer, aber angesichts der maroden Infrastruktur auch bitter nötig. Und so knickte 2019 das bereinigte EBIT um 13% auf 1,8 Mrd. Euro ein. Der einzige Grund sind die Investitionen aber nicht. Auch DB Cargo kriselt. Weniger Nachfrage aus konjunkturabhängigen Sektoren wie Stahl und Auto drückten die Verkehrsleistung um 3,7%. Ein Turnaround, so räumt die Bahn ein, werde noch einige Zeit brauchen.

Ein weiteres Dilemma: Der Plan, Tochter Arriva zu versilbern, um das Kapitalpolster für den immensen Investitionsbedarf aufzufüllen, stockt erneut. Nachdem ein Verkauf scheiterte, soll Lutz einen IPO in Amsterdam anvisieren. Doch nun sickert aus Konzernkreisen durch, dass auch das sich bis mind. Jahresende verzögern dürfte. Dabei braucht die Bahn das Geld dringend. Bis 2029 soll der Konzern rd. 24 Mrd. Euro aus eigener Tasche bereitstellen. Inkl. der Bundesmittel kommen 86 Mrd. Euro zusammen, um die Bahn zukunftsfit zu machen. Im Vj. pumpte der Konzern 5,6 (3,9) Mrd. Euro (+41%) an Nettoinvestitionen ins Schienennetz, dieses Jahr rd. 1 Mrd. Euro zusätzlich.

Der bisher nicht zu beziffernde Corona-Effekt, der alle wesentlichen Kennzahlen stark belastet, kommt 2020 noch hinzu. Damit wird im laufenden Jahr die lange anhaltende Rekordjagd nach Fahrgästen ein Ende finden.

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