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Deutsche Unternehmen entdecken Dim Sum Bonds

Vor zwei Jahren haben die chinesischen Aufsichtsbehörden Unternehmen erstmals die Emission von Anleihen in chinesischen Renminbi außerhalb des chinesischen Festlands erlaubt. Nachdem McDonalds als erstes internationales Unternehmen 2010 die so genannten Dim Sum Bonds emittiert hat, ist der Markt stetig gewachsen. Auch deutsche Unternehmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit in China entdecken Dim Sum Bonds zunehmend als attraktive Finanzierungsquelle. Michael Becker, Counsel bei Allen & Overy, erläutert die Hintergründe.

Nach Emissionen von Volkswagen, BMW sowie Bosch und Siemens Hausgeräte im Nennwert von zusammen rd. 3,9 Mrd. Renminbi (CNH; rd. 470 Mio. Euro) in 2011 hat Lanxess in diesem Jahr als weiteres deutsches Unternehmen Dim Sum Bonds im Nennwert von 500 Mio. CNH (rd. 60 Mio. Euro) begeben. Die Vorteile einer Finanzierung über Dim Sum Bonds liegen insbesondere in den im Vergleich zu Bankkrediten günstigeren Konditionen. Lanxess beispielsweise hat nach eigener Aussage mit einem Kupon von 3,95% eine um etwa ein Drittel güns-tigere Verzinsung im Vergleich zu einem lokalen Bankkredit erzielt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Emission von Dim Sum Bonds die Bekanntheit und die Reputation der emittierenden Unternehmen an den asiatischen Kapitalmärkten steigert und in der Regel auch die Investorenbasis erweitert. Zudem können Unternehmen durch Dim Sum Bonds ihre Finanzierungstätigkeit diversifizieren und dadurch eine stärkere Unabhängigkeit von Finanzierungen in Euro und anderen Währungen erzielen.

Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten wirkt es sich auf die Durchführung einer Emission zudem positiv aus, dass keine besonderen regulatorischen Anforderungen an die Dokumentation gestellt werden. In der Regel gleicht die Dokumentation von Dim Sum Bonds der für Eurobond-Emissionen. Emittenten, die über bestehende Emissionsprogramme verfügen, können diese grundsätzlich auch für Dim Sum Bonds verwenden. Auch hinsichtlich des anwendbaren Rechts und der Ausgestaltung der Anleihebedingungen gibt es keine regulatorischen Vorgaben. Die bislang von deutschen Emittenten begebenen Dim Sum Bonds unterliegen deutschem Recht. Die Anleihebedingungen entsprechen mit Ausnahme von Renminbi-spezifischen Regelungen in Bezug auf Währungs- und Abwicklungsstörungen im Wesentlichen den im deutschen Eurobond-Markt üblichen Standards. Auch einem Börsenlisting steht grundsätzlich nichts im Wege.

Nicht nur für asiatische Investoren interessant

Bei den Anlegern handelt es sich zu einem großen Teil um institutionelle Anleger aus Hongkong und Singapur. Aber auch bei europäischen Anlegern wächst die Nachfrage nach Dim Sum Bonds. So wurde die Emission von Lanxess etwa zur Hälfte von europäischen Anlegern gezeichnet. Aus Anlegersicht gilt der Renminbi angesichts der Staatsschuldenkrise in Europa und der ebenfalls hohen Staatsverschuldung in den USA als ein vergleichsweise sicherer Hafen. Zudem setzen Anleger auf das Aufwertungspotenzial der chinesischen Währung, das viele Experten bei mindestens 2 bis 3% im Jahr sehen. Die Erwartung einer kontrollierten Aufwertung des Renminbi weckt zudem auch das Interesse privater Anleger. Für viele Anleger spielt außerdem die Diversifikation ihres Währungsportfolios eine Rolle. Zur hohen Nachfrage nach Dim Sum Bonds trägt ferner bei, dass es angesichts eines vergleichsweise unterentwickelten Marktes für derivative Finanzprodukte, die sich auf Renminbi beziehen, im Vergleich zu anderen Währungen weniger Alternativen für Renminbi-Investments gibt.

Zu den Erschwernissen und potenziellen Risiken einer Dim-Sum-Bond-Emission gehören die regulatorischen Anforderungen der chinesischen Aufsichtsbehörden. Bei den außerhalb Chinas aufgenommenen Emissionserlösen handelt es sich um so genannte „Offshore“-Renminbis. Um diese nach China hineinzutransferieren, z. B. um sie einer in China ansässigen Tochtergesellschaft in Form von Eigen- oder Fremdkapital zuzuführen, benötigt der Emittent eine Genehmigung. Durch die Kontrolle über die nach China fließenden Kapitalströme soll insbesondere eine schlagartige Aufwertung der chinesischen Währung vermieden werden. Es ist jedoch auch erklärtes Ziel der chinesischen Regierung, die Entwicklung des CNH-Marktes zu fördern. Der Genehmigungsprozess, der bislang mehrere Genehmigungen verschiedener Behörden erforderte, wurde daher in den vergangenen zwei Jahren schrittweise vereinfacht.

Seit Oktober 2011 bedarf es nur noch einer Genehmigung durch die SAFE (State Administration of Foreign Exchange), die für die chinesische Fremdwährungspolitik zuständige Regierungsbehörde. Sobald Renminbi-Gelder nach China transferiert werden, handelt es sich um so genannte „Onshore“-Renminbi. Das Genehmigungsverfahren kann jedoch bis zu zehn Wochen dauern. Es ist daher ratsam, eine Emission erst dann anzukündigen und in jedem Fall erst dann durchzuführen, wenn die Repatriierung genehmigt wurde. Die Anleihebedingungen einzelner Emissionen sehen sogar die Regelung vor, dass die Anleihe zurückgezahlt wird, sofern der Emittent nicht innerhalb einer bestimmten Frist die Genehmigung zur Repatriierung der Emissionserlöse erhält.

Im Ergebnis dürften die bestehenden Risiken für die meisten Unternehmen aber tragbar sein und einem weiteren Wachstum des Dim-Sum-Bond-Marktes somit nicht im Wege stehen.

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