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Deutschem Fiskus drohen hohe Rückforderungen

Die Besteuerung von Dividenden durch die Bundesrepublik Deutschland, die an ausländische Kapitalgesellschaften gezahlt werden, verstößt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20.10.11 gegen Europarecht (Rs. C-284/09).

Nach deutschem Steuerrecht sind in Deutschland ansässige Kapitalgesellschaften von der Körperschaftsteuer auf Dividenden in der Regel befreit. Auf Dividenden deutscher Gesellschaften fällt zwar Kapitalertragsteuer an; diese wird jedoch entweder auf die Körperschaftsteuer der deutschen Anteils-eigner angerechnet oder erstattet. Gleiches gilt jedoch nicht für Kapitalgesellschaften mit Sitz in anderen EU-Ländern: Sofern solche Gesellschaften nicht die Mindestbeteiligung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllen, also nicht mit wenigstens 10% an einer deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, ist in der Regel keine solche vollständige Erstattung bzw. Anrechnung möglich. Die EU-Kommission sah darin eine unzulässige Benachteiligung von ausländischen gegenüber inländischen Anteilseignern und somit einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Sie wurde in dieser Ansicht jetzt vom EuGH bestätigt.

„Der EuGH hat klargestellt, dass das Argument der deutschen Finanzverwaltung, die unterschiedliche Behandlung werde durch die Doppelbesteuerungsabkommen angemessen ausgeglichen, nicht greift,“ so Bernulph von Crailsheim, Partner bei Dewey & LeBoeuf in Frankfurt. „Die deutsche Kapitalertragsteuer kann von ausländischen Anteilseignern nämlich nicht in allen Fällen voll angerechnet werden.“

Auch den Einwand, die Befreiung von der Kapitalertragsteuer für Dividendenzahlungen ins EU-Ausland würde zu Steuerausfällen für Deutschland führen, ließen die EuGH-Richter nicht gelten. Doch genau diese dürften nun drohen: „Nach dem Urteil können ausländische Kapitalgesellschaften in zahlreichen Fällen auf zusätzliche Erstattungen der deutschen Kapitalertragsteuer hoffen“, so von Crailsheim. „Und dies sogar rückwirkend.“ Betroffene Kapitalgesellschaften sollten mögliche Erstattungsansprüche daher in jedem Fall prüfen.

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