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Die zweite „Bad Bank“ kommt an den Markt

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Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) hat am 7.7.10 mit der FMS Wertmanagement (FMS) eine zweite „Bad Bank“ gegründet. Laut SoFFin soll sie zum 30.9.10 ein Portfolio in einer Größenordnung von rd. 210 Mrd. Euro von der Hypo Real Estate übernehmen. Damit ist nach der für die WestLB gegründeten „Ersten Abwicklungsanstalt“, auf die Aktiva und Passiva in einer Größenordnung von rd. 80 Mrd. Euro übertragen wurden, bald eine zweite „Bad Bank“ im Markt aktiv. Beide Abwicklungsanstalten weisen grundlegende Gemeinsamkeiten, aber im Detail auch einige Besonderheiten auf. Ein Gastbeitrag von Jörg Wulfken, Partner der Kanzlei Mayer Brown.

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Als Reaktion auf die Finanzkrise hatte der Gesetzgeber mit dem Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG) und dessen Weiterentwicklung, dem Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes, einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Unterstützung des Finanzsektors geschaffen. Ein Hauptbestandteil dieses Pakets war zunächst die temporäre Übernahme von Risikopositionen durch den SoFFin. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung – auch „Bad-Bank-Gesetz“ genannt – wurde der Katalog um ein weiteres bedeutendes Instrument ergänzt: Das Anstaltsmodell. Es ermöglicht Kreditinstituten und Finanzholdinggesellschaften, Risikopositionen und nichtstrategische Geschäftsfelder auf eigens gegründete Anstalten des öffentlichen Rechts zu übertragen – die sog. Abwicklungsanstalten.

„Bad Banks“ erwerben zum Buchwert

Die Übertragung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf die unter dem Dach der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung errichtete Abwicklungsanstalt kann dabei zum einen im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz erfolgen oder alternativ im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Bei einer Übertragung durch Umwandlung gehen die Vermögensgegenstände zum Buchwert über. Bei einer schuldrechtlichen Übertragung ist der vereinbarte Kaufpreis maßgeblich, der in der Praxis dem Buchwert entspricht. Hinsichtlich der rechtlichen Übertragbarkeit hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang erhebliche Erleichterungen geschaffen, indem er mögliche Übertragungshindernisse für unbeachtlich erklärt hat. Sollte dennoch in Einzelfällen eine Vollrechtsübertragung nicht möglich sein, besteht die Möglichkeit, durch sog. synthetische Übertragungen wie Unterbeteiligungen, Garantien oder Treuhandlösungen wirtschaftlich ähnliche Ergebnisse zu erzielen.

Das Ziel einer „Bad Bank“ ist u. a. eine Bilanzverkürzung bei dem übertragenden Kreditinstitut. Dadurch steigt bei ansonsten gleichbleibendem Eigenkapital die Kernkapitalquote des übertragenden Kreditinstituts prozentual an. Dieser Effekt wirkt sich zusammen mit der hinsichtlich der übertragenen Vermögenswerte nicht weiter bestehenden Eigenmittelunterlegungspflicht nach der Solvabilitätsverordnung und der so freiwerdenden Eigenmittel positiv auf das Rating des übertragenden Kreditinstituts aus und erleichtert die Refinanzierung. Da es sich bei Abwicklungsanstalten nicht um Kreditinstitute handelt, können die frei werdenden Eigenmittel zur Fokussierung auf das Kerngeschäft eingesetzt werden. Das Risiko eines weiteren Abschreibungsbedarfs geht auf die Abwicklungsanstalt über, sodass die übertragenen Risikopositionen bei einem etwaigen zukünftigen Wertverfall keinen negativen Einfluss auf das Geschäftsergebnis des übertragenden Kreditinstituts ausüben. Voraussetzung für die Nutzung einer „Bad Bank“ ist immer ein tragfähiges Geschäftsmodell der Kernbank.

Unterschiedliche Eigentümerhaftung

Zwar sind auch Abwicklungsanstalten verpflichtet, die Buchwerte bei Wertveränderungen zu korrigieren. Im Unterschied zum übertragenden Kreditinstitut haben sie aber nicht nach IFRS, sondern ausschließlich nach HGB zu bilanzieren. Dadurch wird erreicht, dass Marktwertschwankungen der übertragenen Risikopositionen nicht unmittelbar zu berücksichtigen sind, was den Abwicklungsanstalten eine markt- und liquiditätsschonende Abwicklung der Risikopositionen ermöglicht.

Beide bisher existierenden Abwicklungsanstalten stehen unter der Trägerschaft des Bundes. Das FMStFG sieht zwar auch die Möglichkeit landesrechtlicher Abwicklungsanstalten vor, hiervon wurde in der Praxis bisher aber kein Gebrauch gemacht. Obwohl es sich um Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, bleiben die Eigentümer des Kreditinstituts, das eine „Bad Bank“ in Anspruch nimmt, an den Risiken beteiligt. Sie zahlen „Stammkapital“ ein und tragen etwaige bei den Abwicklungsanstalten entstehende Verluste. Verbleiben einer Abwicklungsanstalt nach Abwicklung sämtlicher Vermögenswerte Gewinne, stehen diese ebenfalls den Eigentümern zu.

Da Abwicklungsanstalten als sog. „insolvenzfeste“ Einheiten

konzipiert sind, empfiehlt es sich, wegen der Unterschiedlichkeit der Einzelkonzepte diese genau zu analysieren, bevor mit ihnen Vertragsbindungen eingegangen werden. Von der Strukturierung der Verlustausgleichspflicht sowie dem Risiko der Eigentümer – den sog. Haftungsbeteiligten – ist wiederum die Risikogewichtung und damit die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals bei Transaktionen mit einer „Bad Bank“ abhängig. Abwicklungsanstalten sind, wie der Name bereits impliziert, auf Abwicklung ausgerichtet. Neue Risiken dürfen nicht eingegangen werden. Man darf gespannt sein, wie schnell sich die „Bad Banks“ selbst wieder abschaffen. Angesichts der abzuwickelnden Volumina dürften sie noch eine ganze Zeit existieren und so selbst zu interessanten Marktteilnehmern werden.

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