Allgemein

Erneuerbare Energien – Rechtmäßigkeit rückwirkender Gesetzesänderungen

Die staatliche Förderung für die Einspeisevergütung regenerativ erzeugten Stroms steht in vielen Ländern auf dem Prüfstand. Auf Grund der zuletzt stetig steigenden Strompreise haben in den vergangenen Monaten mehrere europäische Staaten hier entsprechende Gesetzesänderungen und Förderungskürzungen vorgenommen. Ein Vergleich der fünf wichtigsten Volkswirtschaften der EU zeigt, wo derartige Änderungen Rückwirkung entfalten. Silke Gantzckow, Partnerin bei DLA Piper, nimmt zudem die Frage des Rechtmäßigkeit unter die Lupe.

04. September 2012

In Deutschland sieht die Novellierung des EEG (2012), auf die sich im Juni diesen Jahres Bund und Länder verständigt haben, rückwirkend eine weitere Kürzung der Einspeisevergütung um 20 bis 30% (je nach Anlagengröße) für solche Photovoltaikanlagen vor, die nach dem 1.4.12 in Betrieb genommen wurden. Darüber hinaus senkt das novellierte EEG ab 2014 für Anlagen mit einer Leistung zwischen 10 und 1 000 kW, die ab dem 1.4.12 in Betrieb genommen worden sind, die vergütungsberechtigte Einspeisemenge auf 90% der Jahreskapazität. Übergangsregelungen enthalten jedoch diverse Ausnahmen. Zusätzlich wurde eine Obergrenze des geförderten Solarausbaus von 52 GW eingeführt. Dachmontierte Anlagen mit einer Kapazität zwischen 10 kW und 40 kW werden auf eine neue Vergütungsklasse mit einer Einspeisevergütung von 18,50 Cent/kWh (anstatt bisher 16,50 Cent/kWh) zurückgeführt. Das Gesetz muss noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

Der Blick ins Ausland

Mit dem Ministerialerlass „Conto Energia V“ vom 5.7.12 wurden in Italien neue Förderungsdeckel, niedrigere Fördertarife und ein neues Zulassungsverfahren nebst neuen Prioritätskriterien für die Förderung eingeführt. Conto Energia V ist am 27.8.2012 in Kraft getreten – 45 Tage, nachdem der von „Conto Energia IV“ vorgesehene Förderungsdeckel von 6 Mrd. Euro erreicht wurde. Allerdings werden mit Conto Energia V nur solange neue Anlagen gefördert, bis der beschlossene Förderungsdeckel von 6,7 Mrd. Euro pro Jahr erreicht ist, wobei sich noch eine Übergangszeit von 30 Kalendertagen anschließt. In den folgenden Jahren können damit neue Anlagen nur dann eine Förderung erhalten, wenn der Förderungsdeckel nicht bereits durch bestehende und geförderte Anlagen erschöpft ist. Insgesamt sind in Italien bisher keine Änderungen umgesetzt worden, die sich rückwirkend auf die Förderung auswirken.

In Frankreich wird die Einspeisevergütung für Solaranlagen mit einer Leistung bis zu 100 kW gegenwärtig durch eine komplexe Formel auf Basis der am Ende eines Quartals gemessenen Gesamtspitzenleistung ermittelt. Dabei wird die Einspeisevergütung quartalsweise reduziert. Anlagen mit einer Leistung über 100 kW können sich an Ausschreibungen beteiligen, um Förderungen zu erhalten. Insgesamt wurde die Einspeisevergütung in den vergangenen Jahren auf Basis zweier Ministerial-erlasse (10.1.10 und 16.3.10) rückwirkend drastisch reduziert. Diese Regierungsmaßnahmen wurden durch ein vom Parlament am 12.7.10 verabschiedetes Gesetz bestätigt.

In Großbritannien gilt eine Einspeisevergütung nur für Solaranlagen mit einer Leistung bis zu 5 MW. Das Ministerium für Energie und Klimawandel (DECC) hat im Mai 2012 zwar eine Reihe von Änderungen für die Einspeisevergütung erlassen, die alle Anlagen betreffen, die nach dem 1.8.12 vergütungsberechtigt sind. So wurde für neue Anlagen die Vergütung reduziert und die Einspeisevergütungslaufzeit von 25 auf 20 Jahre verkürzt. Rückwirkend hat es in Großbritannien jedoch keine Änderungen der gesetzlichen Grundlage für die Einspeisevergütung gegeben.

Spanien hat mit Gesetz vom 26.1.11 rückwirkende Kürzungen der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen beschlossen, indem der Zeitraum für die Einspeisung von vergütungsberechtigtem Strom in die Netze begrenzt wurde. Darüber hinaus wurde Anfang 2012 eine Regelung verabschiedet, nach der Eintragungen in das Register für die vorherige Zuweisung der Einspeisevergütung (RPR) vorübergehend suspendiert wurden. Die Eintragung in dieses Register war eine Vorbedingung für den Erhalt der Einspeisevergütung. Die Gesetzesverordnung gilt jedoch nur für Anlagen, die nicht bis zum Stichtag 28.1.12 im Register eingetragen wurden. Davon ausgenommen sind Anlagen, die zwar rechtzeitig vor diesem Datum die Eintragung im Register beantragt haben, bei denen die Verwaltung jedoch die Frist für die rechtzeitige Antragsbearbeitung vor dem 28.1.12 nicht eingehalten hat.

Es sollte bei der Ausnahme bleiben

In allen europäischen Rechtssystemen gehören die Rechtssicherheit und das Vertrauen in den Bestand geltenden Rechts zu den zentralen allgemeinen Grundsätzen. Nationales Verwaltungsrecht besagt jedoch, dass in Einzelfällen Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Rückwirkung gerechtfertigt und damit rechtlich zulässig sein können, falls sie auf Grund öffentlicher Interessen notwendig und angemessen sind. Nachteilige Änderungen sind jedoch weitestgehend zu beschränken bzw. durch Übergangsregelungen abzumildern und müssen die Interessen der Marktteilnehmer, eine angemessene Rentabilität der Anlagen zu erzielen, in die Abwägung mit einbeziehen. Da diese in einem subventionierten Markt derzeit noch von der gewährten Einspeisevergütung abhängt, haben nachteilige Gesetzesänderungen und jede Ungewissheit hinsichtlich weiterer Änderungen häufig einen Vertrauensverlust der Marktteilnehmer sowie Schwierigkeiten für das Geschäfts- und Finanzierungsmodell von Solaranlagen zur Folge.

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