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EU-Kartellstrafen auf Rekordkurs

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Die EU-Kommission hat im vergangenen Jahr Bußgelder für Kartellverstöße in Höhe von insgesamt 3,05 Mrd. Euro verhängt.

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Laut Berechnung der internationalen Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer ist dies die zweithöchste jemals in einem einzelnen Jahr erreichte Summe, seit die Kommission Bußgelder für Kartellverstöße verhängen kann. Laut Martin Klusmann, Leiter der Kartellrechtspraxis bei Freshfields Bruckhaus Deringer, verdankt die EU-Kommission ihre jüngsten Erfolge bei Kartellverfahren vor allem der Möglichkeit, Bußgelder für kooperierende Unternehmen zu verringern. Außerdem würden die Kartellbehörden weltweit intensiver zusammenarbeiten.

Das Kronzeugenprogramm der EU erlaubt Bußgeldnachlässe für Kartellverstöße, bei deren Aufklärung Beschuldigte aktiv mitwirken. „Kronzeugenprogramme haben sich insbesondere in Fällen als effektiv erwiesen, in denen gleich mehrere Unternehmen mit den zuständigen Behörden kooperieren und sich dabei selbst belasten, um Bußgeldrisiken ganz zu vermeiden oder signifikant zu reduzieren“, führt Klusmann aus. Dennoch können sich von Kartellfällen betroffene Unternehmen auch immer wieder erfolgreich verteidigen. Viele Firmen neigen aber inzwischen wegen der großen öffentlichen Aufmerksamkeit und des offensiven Vorgehens der Kommission bei Kartelluntersuchungen eher zur Zusammenarbeit.

Zudem wurden im vergangenen Jahr erstmalig auch in zwei Fällen Vergleiche geschlossen, bei denen die Unternehmen im Gegenzug für eine geringere Strafe und eingeschränkte Verteidigungsrechte ihre Beteiligung an einem Kartell einräumen. Das dürfte Klusmann zufolge künftig häufiger vorkommen. Denn streitig geführte Verfahren seien für alle Beteiligten sehr ressourcenintensiv, insbesondere aber für die Kommission selbst. Mit der neuen Möglichkeit des Abschlusses von Vergleichen will die Kommission ihre administrativen Verfahren vereinfachen, die Anzahl der gerichtlichen Verfahren verringern und Ressourcen freisetzen, um mehr Fälle bearbeiten zu können. Neben der Kooperation mit Unternehmen setzt die Kommission in komplexen Kartellrechtsfällen offensiv und öffentlichkeitswirksam auch weiterhin das Instrument kartellrechtlicher Durchsuchungen („Dawn Raids“) ein.

Für 2011 erwartet Klusmann insgesamt eine stabile oder sogar zunehmende Aktivität der Kommission bei der Verfolgung von Kartellverstößen. Als Gefahr für den weiteren Erfolg des Kronzeugenprogramms der Kommission sieht er allerdings die wachsende Zahl von Schadensersatzklagen privater Kläger gegen Unternehmen, die in Ermittlungsverfahren kooperiert haben.

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