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EuGH erweitert Definition von Arzneimitteln

In einem aktuellen Urteil hat der EuGH jetzt die entscheidende Voraussetzung für Arzneimittel wesentlich weiter definiert, als das viele deutsche Gerichte bislang getan haben. Damit könnten Medizinprodukte und Kosmetika, die derzeit frei verkäuflich sind, unter die Zulassungspflicht für Arzneimittel fallen (Urteil vom 6.9.2012, Az.: C-308/11).

Beklagt ist ein deutsches Unternehmen, das Mundspüllösungen mit Chlorhexidin als kosmetisches Mittel vertreibt. Ein Wettbewerber meint, das Produkt sei ein Arzneimittel. Dem EuGH wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt u. a. die Frage vorgelegt, wann eine „pharmakologische Wirkung“ im Sinne der EU-Humanarzneimittelrichtlinie vorliege. Die Antwort: Dafür sei bereits ausreichend, dass es zu einer Wechselwirkung zwischen der Wirksubstanz und beliebigen Zellen im Körper des Anwenders komme, also auch mit Bakterien oder Viren. Deutsche Instanzgerichte hatten bislang eine Wechselwirkung mit körpereigenen Zellen gefordert. Allerdings schränkt der EuGH ein, dass allein die pharmakologische Eigenschaft eines Erzeugnisses daraus nicht automatisch ein Funktionsarzneimittel macht. Das Produkt müsse geeignet sein, auf Grund seiner Zusammensetzung – einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe – und bei bestimmungsgemäßem Gebrauch physiologische Funktionen des Menschen in signifikanter Weise zu beeinflussen.

„Die Entscheidung könnte weitreichende Konsequenzen für bislang als Medizinprodukte und Kosmetika vertriebene Präparate haben, die als solche keiner Zulassung bedürfen“, meint Thomas Utzerath, Partner bei Oppenhoff & Partner. „Soweit diesen Produkten infolge der Rechtsprechung des EuGH nunmehr eine pharmakologische Wirkung zukommt und ihre Inhaltsstoffe signifikanten Einfluss auf Körperfunktionen haben, bedürfen sie künftig einer Arzneimittelzulassung.“

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