EuGH stärkt Klagerecht der Umweltverbände
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Gleichzeitig hat der Gerichtshof deutlich gemacht, dass das deutsche Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz die europäische Richtlinie im Hinblick auf die Rechtschutzmöglichkeiten der Umweltverbände nur unzureichend umgesetzt hat. Den Umweltverbänden steht damit ein Klagerecht unmittelbar aus der Richtlinie zu, so dass es keiner weiteren Umsetzungsschritte bedarf. „Praktisch führt das Urteil dazu, dass bei jedem Vorhaben, das unter das deutsche Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung fällt, eine umfassende materiell-rechtliche Kontrolle durch Umweltverbände erwirkt werden kann, ohne dass es auf eine Betroffenheit Einzelner ankommt“, erläutert Sebastian Jungnickel, Partner bei FPS Rechtsanwälte & Notare in Berlin. „Auch wenn diese Entscheidung vor dem Hintergrund der Richtlinie folgerichtig erscheint, so führt sie doch dazu, dass Großprojekte, gerade auch im Bereich der Energieversorgung, zunehmend größeren rechtlichen Risiken unterliegen und lange Verzögerungen durch gerichtliche Verfahren zu befürchten sind“, so der Energierechtsexperte.
Um also zukünftig noch Groß- und insbesondere Infrastrukturprojekte in vertretbaren Zeiträumen und mit darstellbarem Kostenrahmen umsetzen zu können, werden die Projektträger noch gründlicher die vorgeschriebenen Prüfungen nach dem UVPG durchführen müssen, um die Prozess- und Verfahrensrisiken vor den Oberverwaltungsgerichten zu minimieren. Dennoch wird sich eine Klagewelle auf Grund der Komplexität der Materie nicht vermeiden lassen. Kaum ein Großprojekt dürfte nicht ins Visier der Umweltschutzverbände geraten. Die Reaktionsmöglichkeiten der Politik sind begrenzt, da der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass zur nationalstaatlichen Ausfüllung der Richtlinie bei der Rechtsstellung der Umweltverbände kaum Spielraum besteht. „Das Urteil dürfte sich als Goldgrube für Umweltgutachter erweisen, gleichzeitig aber eine weitere Investitionshürde für den Standort Deutschland darstellen, dem auch und gerade im Zuge der Energiewende, in den kommenden Jahren eine riesige Zahl an umweltrelevanten Infrastrukturprojekten ins Haus stehen“, so Jungnickel.
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