EuGH stärkt Klagerechte
"Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 7.11.2013 die Klagerechte von Bürgern in Umweltsachen erneut gestärkt (Az. C-72/12). Gemeinden können ebenso wie Privatpersonen gegen öffentliche Infrastrukturprojekte selbst dann erfolgreich klagen, wenn sie zwar nicht in ihren Rechten betroffen sind, aber die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) fehlerhaft war.
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 7.11.2013 die Klagerechte von Bürgern in Umweltsachen erneut gestärkt (Az. C-72/12). Gemeinden können ebenso wie Privatpersonen gegen öffentliche Infrastrukturprojekte selbst dann erfolgreich klagen, wenn sie zwar nicht in ihren Rechten betroffen sind, aber die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) fehlerhaft war.
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Die Klage bleibt nur erfolglos, wenn der Fehler in der UVP ohne Einfluss auf die behördliche Genehmigung war. Die Beweislast dafür liegt bei der Genehmigungsbehörde. Konkret ging es um die Klage der Gemeinde Altrip gegen die Planfeststellung eines Hochwasserschutzpolders. Die Gegner hatten u.a. gerügt, die schützenswerten Tier- und Pflanzenarten sei nicht ausreichend untersucht worden. Damit sei die UVP fehlerhaft und der Planfeststellungsbeschlusses aufzuheben. Während das OVG Koblenz die Klage abwies, legte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) den Fall dem EuGH vor. Das BVerwG hatte Zweifel, ob das deutsche Recht, nach dem vor Gericht nur das Fehlen einer UVP, nicht aber deren Fehlerhaftigkeit mit Erfolg gerügt werden kann, mit dem EU-Recht vereinbar ist. Zweifel hatte es auch daran, dass die beanstandete Genehmigung wegen des Verfahrensfehlers nur aufzuheben ist, wenn sie ohne ihn wahrscheinlich anders ausgefallen wäre.
Der EuGH hält die mangelnde Rügefähigkeit von Fehlern bei der Durchführung der UVP für europarechtswidrig. Auch die deutsche Regelung zur Ursächlichkeit des Verfahrensfehlers für den Inhalt der behördlichen Entscheidung geht dem EuGH zu weit. „Mit dem Urteil wird die Rügemöglichkeit von Verstößen gegen das europäische Umwelt- bzw. Umweltverfahrensrecht erneut erweitert“, erläutert Winfried Porsch von der Kanzlei Dolde Mayen & Partner Rechtsanwälte in Stuttgart. „Das deutsche Infrastrukturzulassungsrecht steht immer stärker unter europarechtlichem Druck“, so der Verwaltungsrechtsexperte. Folgen dürfte die Entscheidung vor dem Hintergrund der Energiewende haben. „Die Anforderungen an zügige Zulassungsvorhaben und die Erweiterung der Klagerechte lassen sich nur schwer in Einklang bringen“, meint Porsch. „Der vordringliche Ausbau von Leitungstrassen kann so schnell einige Jahre länger dauern, obwohl sich später herausstellt, dass UVP und behördliche Entscheidung nicht zu beanstanden sind.“ Ob die Gemeinde Altrip in der Sache Erfolg haben wird, müssen nun erneut die deutschen Gerichte prüfen.
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