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EuGH-Urteil zur Altersgrenze bringt Änderungsbedarf und Mehrkosten

Der EuGH hat die Altersgrenze von 60 Jahren für Lufthansa-Piloten für europarechtswidrig erklärt (Az.: C-447/09). Die Luxemburger Richter urteilten, dass die Grenze eine Diskriminierung Älterer sei. Laut Jörn Kuhn, Arbeitsrechtler bei Oppenhoff & Partner, hat das Urteil Folgen weit über den Einzelfall hinaus: „Unternehmen mit vergleichbaren Altersregelungen müssen sich intensiv mit den Entscheidungsgründen auseinandersetzen.“

Der EuGH stieß sich an der starren Altersgrenze. Zwar könnten Sicherheitsaspekte grundsätzlich zu einer Beendigung oder Beschränkung der Berufsausübung führen; im Falle Lufthansa sei die entsprechende Regelung aber unverhältnismäßig. Nach anerkannten internationalen Regelungen ist es schon lange gestattet, dass Piloten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fliegen. Ein Pilot im Alter zwischen 60 und 64 darf aber nur dann fliegen, wenn er zu einer Besatzung aus mehreren Piloten gehört, bei der die anderen Piloten das 60. Lebensjahr nicht vollendet haben. Die Flugtauglichkeit wird bei älteren Piloten im Sechs-Monats-Rhythmus geprüft. Die Lufthansa muss nun mit erheblichen Mehrkosten rechnen; u. a. fallen Kosten für die medizinischen Checks und der logistische
Aufwand für die Zusammensetzung von Cockpit-Crews an.

Über den Einzelfall und die Luftfahrtbranche hinaus ist das Urteil maßgeblich für Altersregelungen, die nicht an den Renteneintritt anknüpfen. „Zwar hat der EuGH im Oktober des vergangenen Jahres bestätigt, dass tarifvertragliche Altersgrenzen zulässig sind, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres vorsehen. Aber andere Gründe außer einer nachweislich angeschlagenen Gesundheit können zukünftig kaum noch eine Rolle spielen, um Mitarbeiter vorzeitig von Tätigkeiten zu entbinden“, erläutert der Rechtsanwalt.

Betriebsvereinbarungen mit Altersgrenzen, die in vielen Unternehmen noch gelten, sind jetzt nicht mehr zu rechtfertigen. Viele solcher Regelungen schließen den Einsatz älterer Arbeitnehmer aus, wenn es z. B. zur Rufbereitschaft oder zu gefährlichen Arbeiten kommt. „Solche Regelungen sind AGG-konform dahingehend zu ändern, dass ein Ausschluss von der Tätigkeit nur noch aus gesundheitlichen Gründen möglich ist“, so Kuhn. Und die gesundheitliche (Un-)Tauglichkeit müssen die Unternehmen auf ihre Kosten feststellen lassen.

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