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EuGH verhandelt über Vertrieb gebrauchter Software-Lizenzen

Seit dem 6.3.12 verhandelt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) über die Zulässigkeit des Vertriebs von gebrauchter Software. Die Entscheidung hat nicht nur richtungsweisenden Charakter für das seit Jahren umstrittene Marktfeld, sondern für alle online vertriebenen Produkte wie Musiktitel, Hörbücher und eBooks.

Hintergrund des Verfahrens ist ein Angebot des inzwischen insolventen Gebrauchtsoftwarehändlers usedSoft aus dem Jahre 2005, das gebrauchte Lizenzen für Programme des US-Softwareriesen Oracle enthielt. Die Lizenzbedingungen von Oracle verbieten aber eine Weitergabe der Nutzungsrechte. Die beiden Vorinstanzen gaben der Klage Oracles gegen das Geschäftsmodell von usedSoft statt. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: C-128/11).

Vor den Richtern der Großen Kammer des EuGH gaben neben den Parteien auch die Europäische Kommission, Frankreich und Italien zum Verhandlungsauftakt Stellungnahmen ab. Letztere fielen im Sinne Oracles aus und lehnten eine Erweiterung des Erschöpfungsgrundsatzes auf online vertriebene Produkte ab. „Demnach würden Urheber beim Online-Vertrieb, anders als bei physischen Datenträgern, ihre Ansprüche an der Weiterverbreitung nicht verlieren, nachdem sie ein geschütztes Werk erstmals in Verkehr gebracht haben“, erläutert Hauke Hansen, IT- und Urheberrechtsexperte von FPS Rechtsanwälte & Notare.

Die Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes ist aber nicht nur für die Softwarebranche von Bedeutung. Betroffen sind alle Produkte, die online vertrieben werden. „Da Daten unkontrolliert kopiert werden können, würde der Erstmarkt erheblich leiden, wenn man eine Weiterverbreitung uneingeschränkt zuließe“, so Hansen weiter. Die Hersteller befürchten, dass entsprechende Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren und die Verfolgung von Urheber-rechtsverletzungen erschwert würden. „Nicht nur die großen Konzerne, sondern vor allem Künstler, Interpreten und Autoren hätten dann mit erheblichen Einkommenseinbußen zu rechnen“, gibt Hansen zu bedenken.

Wie das Gericht nun die Argumente und Antworten aus der stattgefundenen Befragung wertet, bleibt abzuwarten. Der Generalanwalt wird seinen Schlussantrag am 24.4.12 stellen. Mit einem Urteil ist einige Monate später zu rechnen.

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