Firmenpleiten – Scheitern an der Erholung
Aktuell atmen Wirtschaft und Gesellschaft auf, scheint doch die Corona-Krise dank Impffortschritt und sommerlich milder Inzidenz, die mit langersehnten Lockerungen garniert wird, langsam in den Hintergrund zu rücken. Und auch die befürchtete Firmeninsolvenzwelle in den ersten Quartalen 2021 blieb dank diverser Hilfsprogramme aus (-1,7% im 1. Hj. lt. Creditreform).
Sanierungsexperten sehen dennoch kein Grund zur Entspannung. Für viele Unternehmen stellt nicht die Krise, sondern die Nachwehen eine echte Bewährungsprobe dar. Um satte 200 Mrd. Euro habe sich die Unternehmensverschuldung in der Corona-Krise summiert, schätzt die Beratungsgesellschaft AlixPartners. Parallel zum Schuldenwachstum seien etwa 60 Mrd. Euro an Betriebskapital abgeflossen. Um aus dieser finanziellen Schieflage rauszukommen, braucht es Zeit. Vor allem da die aktuell niedrige Insolvenzquote eine durch diverse Maßnahmenpakete künstlich konstruierte ist und kräftige, wiederbelebte Geschäfte braucht, um abgebaut zu werden.
Doch die Zeit könnte angesichts der Verbreitung der Delta-Variante knapp werden, warnen die Sanierungsexperten von AlixPartners. Mittlerweile ist die Virusmutation auch hierzulande dominant (59% Anteil der Infizierten). Vielen ohnehin noch geschwächten Betrieben und Unternehmen dürfte es an Liquidität fehlen, eine erneute Infektionswelle mit all ihren Konsequenzen zu überstehen. Kritisch ist die Lage lt. Creditreform bei Dienstleistungsbranchen und im Handel. Schon im 1 Hj. häuften sich hier die meisten Pleiten. Finanzierungsdruck spürten auch einige Segmente im Immobiliensektor oder der Reisebranche, ergänzt AlixPartners.
Dass die Insolvenzahlen wie im 1 Hj. weiter runtergehen oder wenigstens stagnieren, wird immer unwahrscheinlicher. Kreditversicherer Euler Hermes etwa rechnet für 2021 mit einem Anstieg um 6% (15% in 2022), der hauptsächlich in der zweiten Jahreshälfte generiert werde. Aber immerhin: Verglichen zur Finanzkrise 2007/08, 2009 schoss die Quote auf deutlich über 30 000 Firmenpleiten, schlagen sich deutschen Firmen in der Corona-Krise wacker, was nicht nur auf die beispiellose Menge staatlicher Hilfsmittel zurückzuführen sei, erklärt AlixPartner, sondern auf kompetentes Krisenmanagement in den Chefetagen.