Für und Wider nachvertraglicher Wettbewerbsverbote
"Unternehmen, die mit ihren Führungskräften und Organen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, nehmen einen legitimen Schutz ihrer Interessen wahr. Doch beide Seiten müssen die Feinheiten solcher Vertrags-
klauseln beachten, um Konfliktpotenzial zu reduzieren, wie Hans-Joachim Fritz, Partner bei Kaye Scholer, erläutert.
"
Unternehmen, die mit ihren Führungskräften und Organen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, nehmen einen legitimen Schutz ihrer Interessen wahr. Doch beide Seiten müssen die Feinheiten solcher Vertrags-
klauseln beachten, um Konfliktpotenzial zu reduzieren, wie Hans-Joachim Fritz, Partner bei Kaye Scholer, erläutert.
„
Ein Wettbewerbsverbot endet grundsätzlich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine Führungskraft darf aber auch nach ihrem Ausscheiden keine Geschäfte im gleichen Tätigkeitsbereich des Vertragspartners für andere Personen oder auf eigene Rechnung machen, sofern es schriftlich vereinbart wird. Die zeitliche Dauer darf zwei Jahre nicht überschreiten. Eine Karenzentschädigung ist zuzusagen, die nach den gesetzlichen Vorgaben mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen umfassen muss. Wenn von diesen Grundregeln abgewichen wird, besteht die Gefahr, dass das Wettbewerbsverbot bereits unverbindlich ist.
Inhaltliche Reichweite
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist unwirksam, wenn es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient und insoweit unter Berücksichtigung der gewährten Karenzentschädigung nach Ort, Zeit und Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitgebers enthält. Die Prüfung der inhaltlichen Reichweite ist damit zweistufig: Der Arbeitgeber hat stets ein berechtigtes Interesse, wenn er entweder das firmeneigene Know-how oder aber den bestehenden Lieferanten- und/oder Kundenkreis mit dem Wettbewerbsverbot schützen will. Das wird nicht der Fall sein, wenn das Verbot einen Bereich betrifft, in dem der Mitarbeiter niemals gearbeitet hat. Ausnahmen gelten für Führungskräfte mit großer Leitungsspanne. Im zweiten Schritt der Prüfung ist zu fragen, ob mit Rücksicht auf die Höhe der vereinbarten Karenzentschädigung das Konkurrenzverbot nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens darstellt. Es handelt sich hierbei um eine Wertungsfrage, die von den Gerichten unterschiedlich entschieden wird.
Konsequenzen bei Streitigkeiten
Die Praxis zeigt, dass beim Vorwurf unzulässiger konkurrierender Tätigkeit gerichtliche Auseinandersetzungen nicht selten sind und heftig geführt werden. Der Arbeitgeber versucht mit einer Unterlassungsklage, die oft mit einer Unterlassungsverfügung im Eilverfahren verbunden ist, das konkurrierende Verhalten seines ehemaligen Mitarbeiters zu unterbinden. Gleichzeitig werden Schadenersatzansprüche sowie die Rückforderung bereits geleisteter Karenzentschädigungen geltend gemacht. Die in diesen Fällen beendete Zahlung von der Karenzentschädigung kann der Arbeitnehmer nur mit Hilfe einer Zahlungsklage erzwingen. Häufig wird diese Situation noch verschärft, wenn für den Fall, dass der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, er eine Vertragsstrafe verwirkt. Zu unterscheiden ist hier zwischen einer Strafe für einen Wettbewerbsverstoß insgesamt und einer Strafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung. Im ersten Fall erlischt der Unterlassungsanspruch für die Zukunft, wenn der Arbeitgeber die Zahlung der Vertragsstrafe wählt. Aus Sicht des Unternehmens ist die zweite Alternative vorzugswürdig. Danach kann der Arbeitgeber die Vertragsstrafe durchsetzen und behält zusätzlich den Unterlassungsanspruch für die Zukunft. Allerdings scheitern viele mit einer Vertragsstraferegelung verbundenen Wettbewerbsverbote an der allgemeinen Inhaltskontrolle, die bei vorformulierten Vertragsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB möglich ist. In zahlreichen älteren Verträgen wird häufig nicht ausreichend zwischen dem so genannten Einzel- und Dauerverstoß unterschieden. Ein Dauerverstoß liegt vor, wenn der Mitarbeiter nicht nur einmalig, sondern z. B. durch das Eingehen eines erneuten Arbeitsverhältnisses dauerhaft für die Konkurrenz tätig wird.
Besonderheiten für Geschäftsführung und Vorstand
Vertragliche Vereinbarungen mit Organvertretern werden an den allgemeinen zivilrechtlichen Generalklauseln, insbesondere dem Sittenwidrigkeitsmaßstab nach § 138 Absatz 1 BGB, gemessen. Die für Arbeitnehmer geltenden §§ 74 ff. HGB greifen nicht, werden aber als Maßstab herangezogen. Der Abwägung des berechtigten geschäftlichen Interesses mit der Berufsfreiheit des Dienstnehmers gemäß Artikel 12 GG kommt damit eine besondere Bedeutung zu. Erfüllt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die Voraussetzungen nicht, besteht weder ein Wahlrecht wie beim Arbeitnehmer, noch erfolgt eine für die Bestimmung mögliche Reduktion auf das rechtlich zulässige Maß. Die Vereinbarung ist einfach nichtig – mit allen dramatischen Konsequenzen der Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen. Wenn zudem eine Vertragsstraferegelung die Position des Unternehmens absichern soll, kann das Interesse des ehemaligen Organvertreters von existenzieller Bedeutung sein.
Fazit
Es ist sehr zu empfehlen, von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot spärlich Gebrauch zu machen. Meist ist es besser, eine solche Gestaltung im Zuge der Beförderung auf eine sensible Position im Unternehmen zu wählen, diese aber auch wiederaufzuheben, wenn sich nachweislich der Tätigkeitsbereich des Mitarbeiters oder der Führungskraft als nicht mehr zu kritisch für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens erweist und damit ein Interesse an der Bindung entfällt.
„