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„Geburtstagszug“ führt zu Rechtsprechungsänderung des BGH

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, über die Frage, was Kunst ist, aber sehr wohl. Werke der angewandten Kunst, welche neben ihrem künstlerischen Wert auch einen praktischen Nutzen haben, waren daher immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Zu deren urheberrechtlicher Schutzfähigkeit verlangte der Bundesgerichtshof (BGH) bislang einen gewissen Abstand zum durchschnittlichen Schaffen der Produktdesigner. Mit Urteil vom 13.11.2013 (Az. I ZR 143/12) hat der BGH diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben.

07. Januar 2014

„Nunmehr gelten für Werke der angewandten Kunst im Hinblick auf die Schutzfähigkeit die gleichen Anforderungen wie für Werke der zweckfreien Kunst“, erläutern Partner Nils Rauer und Rechtsanwältin Diana Ettig von Hogan Lovells. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte eine Designerin für einen Hersteller von Holzspielzeug unter anderem einen „Geburtstagszug“ entworfen. Für den Entwurf des Holzzuges erhielt die Designerin seinerzeit ein Honorar von DM 400,-. In den folgenden Jahren entwickelte sich der Zug zum Kassenschlager. Vor diesem Hintergrund klagte die Designerin auf Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung nach §§ 32, 32a Urheberrechtsgesetz (UrhG). Dem hielt der Hersteller entgegen, der Geburtstagszug sei als Werk der angewandten Kunst nicht urheberrechtlich geschützt.

Vor dem Hintergrund der bis dato ständigen Rechtsprechung verneinten die Instanzgerichte den Urheberrechtsschutz für den „Geburtstagszug“ und wiesen die Klage ab. Anders der BGH, der die Revision der Designerin nutzte, um seiner Rechtsprechung zu den Anforderungen an Werke angewandter Kunst grundlegend zu reformieren. Ab sofort sollen „zweckfreie“ und „angewandte“ Kunst nicht mehr an unterschiedlichen Maßstäben gemessen werden. Durch die Novelle des Geschmacksmusterrechts sei die enge Bindung zwischen den beiden Schutzrechten weggefallen. Allein diese habe aber die bisherige ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

„Die praktischen Auswirkungen des Urteils werden enorm sein“, erklären die Frankfurter Rechtsanwälte. Es handelt sich um eine deutliche Ausweitung des Urheberrechtsschutzes. „Designer und Rechteinhaber jubeln zu Recht, ihre Position ist deutlich gestärkt“, so Urheberrechtsexperte Rauer weiter. Die Zahl der gerichtlich ausgetragenen Urheberrechtsstreitigkeiten – gerade in der Möbel- und der Spielzeugbranche – dürfte mittelfristig erkennbar ansteigen.

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