Gescheiterte Börsenfusion – Rückhalt der Politik hat gefehlt
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So beklagte EU-Kommissar Günther Oettinger, einer der wenigen Brüsseler Befürworter des Deals, wenige Tage vor der Entscheidung bei einem Treffen mit PLATOW in Davos das fehlende Engagement der deutschen Politik, namentlich Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch und der Kanzlerin. Doch die Politik blieb bewusst in Deckung und überließ der EU-Kommission den Schwarzen Peter, mit äußerst abstrusen Argumenten Francionis Lebenswerk zu stoppen. Sie ließ Brüssel auch deshalb frei gewähren, weil es Vorstand und AR der Deutsche Börse AG versäumt hatten, den politischen Standortwächtern überzeugende Argumente zu liefern.
Dabei ist Francioni mit seinem rein pragmatischen, emotionslosen Wegzug von Frankfurt nach Eschborn eine Todsünde unterlaufen. Schon mit diesem Schritt gab die Börse ihre regionale Verwurzelung teilweise auf. Der Reverse Takeover durch die Amerikaner hätte das einstige Frankfurter Aushängeschild und Prestigesymbol neben dem Flughafen nicht nur Hessen, sondern Deutschland entfremdet. Der Fall der ähnlich international aufgestellten Deutschen Bank hat gezeigt, dass eine gewisse Heimattreue wichtig ist, um den nicht immer unwichtigen Rückenwind der Politik zu bekommen.
So bitter die Niederlage für Francioni auch sein mag, so vorteilhaft kann der Ausgang dieses Übernahmekrimis am Ende für die Deutsche Börse sein. Das Unternehmen hätte nach über einem Jahr reibungsträchtiger Fusionsverhandlungen mit dem Zusammenschluss weiteren Blutzoll zahlen müssen. Das Aufeinandertreffen zweier Kulturen und der radikale Umbau hätten das Unternehmen noch länger gelähmt. Und zu sagen hätten die Deutschen nach dem „Einmarsch“ der Amerikaner nichts mehr gehabt. Kann etwas gut sein, dem Mitarbeiter und Standortwächter mit Skepsis begegnen? Die Börse urteilte gestern mit steigenden Kursen.
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