GmbH & Co. KG – Alle außer Rechtsanwälte?
"Ein Rechtsanwalt ist Freiberufler und betreibt kein Handelsgewerbe. Daher können sich mehrere Anwälte auch nicht als „Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG“ zusammentun. Mit dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst (AnwZ (Brfg) 18/10) eine Klage auf Zulassung als Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG abgewiesen. Ein Urteil, das wichtige rechtspolitische Grundfragen betrifft, wie Berthold Schanze von Peters, Schönberger & Partner erläutert.
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Ein Rechtsanwalt ist Freiberufler und betreibt kein Handelsgewerbe. Daher können sich mehrere Anwälte auch nicht als „Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG“ zusammentun. Mit dieser Begründung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst (AnwZ (Brfg) 18/10) eine Klage auf Zulassung als Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG abgewiesen. Ein Urteil, das wichtige rechtspolitische Grundfragen betrifft, wie Berthold Schanze von Peters, Schönberger & Partner erläutert.
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Eine Anwalts-KG kann nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Der Zweck einer KG muss auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma ausgerichtet sein. Die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten falle nicht darunter, so der BGH. Unerheblich sei dabei, dass der KG-Vertrag im konkreten Fall neben der Rechtsberatung auch Treuhandtätigkeiten vorsah. Des Weiteren sei die Tätigkeit eines Anwalts nicht „Verwaltung eigenen Vermögens“ und etwa deshalb als gewerblich zu qualifizieren. Dies sei nach dem Willen des Gesetzgebers reinen Vermögensverwaltungsgesellschaften vorbehalten.
Handelsrechtlich hält der BGH also am tradierten Gewerbebegriff des HGB fest, der Freiberufler aus dessen Anwendungsbereich ausnimmt. Berufsrechtlich musste er keine näheren Ausführungen machen, da er die Eintragung schon aus handelsrechtlichen Gründen verneint hatte. Klar ist nur, dass die gegenwärtige Berufsordnung Rechtsanwälten keine Möglichkeit gibt, sich als KG zusammenzuschließen. Verfassungsrechtlich stellt der BGH fest, dass die Berufsausübungsfreiheit der Anwälte nicht verletzt sei: Sie könnten sich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Partnerschaftsgesellschaft, die ja eigens für die gemeinsame Berufsausübung von Freiberuflern geschaffen wurde, oder als GmbH/AG organisieren. Anerkannt ist auch die Nutzung einer englischen LLP oder Ltd.
Anders als OHG/KG seien all diese Gesellschaftsformen aber nicht „zweckgebunden“. OHG/KG setzten hingegen als Zweck den Betrieb eines Handelsgewerbes voraus. Der BGH sieht zudem keinen Verstoß gegen Art. 3 I GG: Der Gesetzgeber differenziere in zulässiger Weise zwischen Rechtsanwälten einerseits sowie Wirtschaftsprüfern (WP) und Steuerberatern (StB) andererseits, also zwischen Freiberuflern untereinander. Letztere können sich als GmbH & Co. KG eintragen lassen, soweit sie treuhänderisch tätig sind. Dies sei gerechtfertigt, weil WP/StB diese Tätigkeit historisch schon immer ausgeübt hätten. Das Berufsbild des Anwalts weiche indes wesentlich von dem der WP/StB ab. Es sei weniger gewerblich geprägt. Der Rechtsanwalt bekleide zudem als „Organ der Rechtspflege“ eine besondere Rolle, die WP/StB nicht hätten. Die Folge: Die Vorteile der GmbH & Co. KG – also Wahl der Personengesellschaft bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung – werden Anwälten somit (bis auf Weiteres) nicht zuteil.
Kritik
Die Differenzierung zwischen Anwalts- und WP/StB-Tätigkeit überzeugt nur bedingt: Berufsrechtlich ist es WP/StB gestattet, sich als GmbH & Co KG eintragen zu lassen, weil die von ihnen ausgeführten Treuhandtätigkeiten als „gewerblich“ qualifiziert werden. Handelsrechtlich wird aber verlangt, dass darauf auch der „Schwerpunkt“ ihrer Tätigkeit liegen muss. Tatsächlich hat nahezu keine eingetragene WP/StB-GmbH & Co. KG diesen Schwerpunkt. Diesen Gesellschaften droht, eine sog. „Schein-KG“ zu sein. Dies hat zur Folge, dass auch die Kommanditisten voll mit ihrem Privatvermögen haften.
Es erscheint auch rechtspolitisch nicht stringent, wenn einerseits Freiberufler strikt von der Anwendbarkeit des HGB ausgeschlossen sind, andererseits aber „historisch begründete“ Ausnahmen existieren. Wenn der BGH maßgeblich auf diese „historische Tradition“ abstellt, hätte er etwa auch berücksichtigen müssen, dass der Gesetzgeber 2007/2008 im Berufsrecht der WP/StB die GmbH & Co. KG gerade in Kenntnis dieser „Tradition“ zugelassen hatte. Zudem ist anzumerken, dass auch einem Anwalt die Tätigkeit als Treuhänder nicht verboten ist. Das Kriterium der „Treuhandtätigkeit“ ist also kaum tauglich, um die Eintragungsfähigkeit einer Freiberufler-KG zu bejahen (StB/WP) oder zu verneinen (Anwalt). Im Ergebnis sollte generell eine auch geringfügige Treuhandtätigkeit zur Bejahung der Anwendbarkeit des HGB ausreichen. Damit besteht Rechtssicherheit für Freiberufler, womit die „Schein-KG“ vermieden wird. Schließlich ist die Vereinbarkeit mit Art. 3 I GG nicht zweifelsfrei: Der Steuerberater unterliegt etwa als „Organ der Steuerrechtspflege“ Berufspflichten, die denen des Anwalts sehr ähnlich sind.
Fazit
Die Rechtslage für Freiberufler, die sich zwecks gemeinsamer Berufsausübung zusammenschließen wollen, ist unbefriedigend. So dürfen sich inländische Anwaltssozietäten in der Form einer LLP organisieren. Gleichzeitig ist es ihnen aber untersagt, sich dafür der strukturell ähnlichen GmbH & Co. KG zu bedienen. Dies erscheint durchaus überlegungsbedürftig. Allerdings müsste eine solche berufsrechtliche Änderung handelsrechtlich flankiert sein. Es ist nämlich wenig gewonnen, wenn das Berufsrecht die Anwalts-KG anerkennt, das HGB aber mangels Gewerblichkeit wiederum nicht. Schließlich ist es offensichtlich, dass die Partnerschaftsgesellschaft nur bedingt akzeptiert wird. Wenn die Haftung der Freiberufler auf das Vermögen der Partnerschaft beschränkt wäre – so der Vorschlag für eine mögliche Gesetzesänderung –, könnte die Diskussion um die Anwalts-KG (und damit wohl auch die „Flucht“ in die LLP) beendet sein.
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