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Hürden für Schadensersatz nach Unternehmenskauf

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Unternehmenskaufverträge enthalten immer umfangreiche Garantiekataloge. Streitigkeiten über Garantieansprüche werden aber nur äußerst selten vor ordentlichen Gerichten ausgetragen, um eine öffentliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Nun hatte das Landgericht Hamburg aber in einem viel beachteten Urteil Gelegenheit, sich mit Schadensersatzansprüchen bei einem Unternehmenskauf zu befassen. Im Zuge dessen hat das Landgericht hohe Anforderungen daran gestellt, wann ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist. Die Richter hoben die Bedeutung der offengelegten Informationen in der Due Diligence hervor.

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In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Käufer nach Abschluss der Transaktion festgestellt, dass das Zielunternehmen nicht über alle erforderlichen Lizenzverträge für die Nutzung von Patenten verfügte. Auf Grund von Patentverletzungen aus der Zeit vor der Übernahme musste der Käufer an dritte Patentrechtsinhaber Zahlungen leisten. Diesen Aufwand forderte das Unternehmen nun zurück. Die Anwälte der Klägerin stützten die Schadensersatzansprüche zunächst auf eine Klausel im Unternehmenskaufvertrag, nach der die Zielgesellschaft alle erforderlichen Genehmigungen habe. Weiter berief sich die Klägerin auf die Bilanzgarantie und trug vor, die Gesellschaft hätte ausreichende Rückstellungen für eine Inanspruchnahme der Patentinhaberin bilden müssen.

Zu Unrecht, entschied das Landgericht Hamburg (Az.: 315 O 89/13). Ein Anspruch aus der Garantie zu Genehmigungen (im Vertrag „authorizations““ genannt) bestehe nicht. Diese beziehe sich offensichtlich nur auf öffentlich-rechtliche Genehmigungen. Denn die gesonderte Regelung einer Garantie zu „Intellectual Property Rights““ zeige, dass zwischen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und dem geistigen Eigentum unterschieden werden sollte. Die Bilanzgarantie sei an sich zwar anwendbar. Allerdings hätten die Verkäufer keine Rückstellungen wegen einer möglichen Inanspruchnahme durch Patentverwertungsgesellschaften bilden müssen.

Denn die Verkäufer konnten anhand der offengelegten Unterlagen nachweisen, dass sie eine Inanspruchnahme durch Dritte für unwahrscheinlich hielten. Diese Einschätzung war nach Auffassung des Landgerichts auch nicht fehlerhaft. Die Hamburger Richter lehnten den Anspruch auf Schadensersatz aber auch aus weiteren Gründen ab. Die Käuferin habe bestätigt, durch die Unternehmensprüfung (Due Diligence) Einsicht in sämtliche relevanten Unterlagen und alle notwendigen Informationen erhalten zu haben.

Da ihr die Tatsache einer Patentstreitigkeit offengelegt wurde, hätte die Klägerin nach weiteren Details fragen müssen. Bestandteil dieser Unterlagen waren außerdem Aufzeichnungen und Stellungnahmen, warum die Zielgesellschaft nicht von einer Inanspruchnahme wegen Patentverletzungen ausging. Hieraus folgerte das Gericht, dass die Zielgesellschaft auch nicht zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet war. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit zur Inanspruchnahme könne nicht festgestellt werden.

Das Urteil zeigt, dass auch staatliche Gerichte einen Streit um einen Unternehmenskauf sachgerecht entscheiden können. Zwar wird gerade in grenzüberschreitenden Sachverhalten häufig eine Schiedsklausel vereinbart, um die Vollstreckungsmöglichkeiten zu sichern. Bei inner-europäischen Verträgen sollte aber immer geprüft werden, ob auch eine in der Regel mit geringeren Kosten verbundene Entscheidung durch staatliche Gerichte akzeptabel ist. Auch wenn der Prozess dann auf Deutsch geführt werden muss, akzeptieren die Gerichte zunehmend die Vorlage von Unterlagen in englischer Sprache ohne Übersetzung.

Bilanzgarantie als „Lückenfüller““

Das Urteil zeigt zudem, welche Rolle der Bilanzgarantie als zukommt. Allerdings sind hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Bilanzgarantie viele Fragen weiterhin unbeantwortet. Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob Rückstellungen tatsächlich erstattet werden müssen, wenn diese nachträglich nicht oder nur teilweise erforderlich waren. Im internationalen Bereich bedarf es zudem häufig eines Gutachtens von lokalen Bilanzexperten, da die Anforderungen an die Bildung von Rückstellungen von deutschen Anforderungen abweichen können. Auch für die Verkäuferseite lassen sich wichtige Schlüsse aus der Entscheidung ziehen. Due Diligence-Unterlagen müssen für spätere Streitigkeiten unbedingt vorgehalten werden. Der Verkäufer muss im Streitfall nachweisen können, dass die Käuferin die Unterlagen angesehen hat. Das kann zum einen durch entsprechende Bestätigungen im Kaufvertrag geschehen, zum anderen über Protokolle aus dem Datenraum.

Pflicht zur Nachfrage

Durch die Hervorhebung der Due Diligence wird deutlich, dass etwaige Risiken durch die Käufer umfassend geprüft werden müssen. Die Käufer dürfen sich nicht auf die Unterlagen beschränken, die ihnen vorgelegt werden; sie müssen auch aktiv nachfragen, wenn aufgrund der Due Diligence-Unterlagen Unklarheiten bestehen. Das Landgericht hat diese hohe Bedeutung des sog. „Q&A-Prozesses““ im Nachgang zur Due Diligence zutreffend zu Lasten der Käufer beurteilt. Tun sie dies nicht, so handeln sie nach Ansicht der Hamburger Richter grob fahrlässig und gefährden damit den Erfolg der Transaktion.

 

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