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HV muss über mögliche Interessenkonflikte informiert werden

Das LG Hannover hat entschieden, dass die Missachtung einer aus dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) resultierenden Informationspflicht des Aufsichtsrates gegenüber der Hauptversammlung bei der Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds zu deren Anfechtbarkeit führen kann. Gemäß § 161 Abs. 1 AktG besteht für börsennotierte Gesellschaften die Pflicht, sich jährlich dahingehend zu erklären, ob den Empfehlungen des DCGK entsprochen wurde/wird oder welche nicht befolgt wurden/werden und warum nicht.

In der Hauptversammlung des Conti-Konzerns im April letzten Jahres wurde ein neues Aufsichtsratsmitglied gewählt. Der Kandidat war rechtlicher Berater des neuen Großaktionärs. Diesen möglichen Interessenkonflikt teilte die Gesellschaft den Aktionären vor dessen Wahl jedoch nicht explizit mit. Nach Meinung des Gerichts lag hierin ein Verstoß gegen § 161 AktG i.V.m. 5.5.3 DCGK, wonach der Aufsichtsrat in seinem Bericht an die Hauptversammlung über aufgetretene Interessenkonflikte und deren Behandlung informieren soll und wonach wesentliche und nicht nur vorübergehende Interessenkonflikte eines Mitglieds zur Beendigung dessen Mandats führen sollen. Ob die fragliche Person tatsächlich befangen war, ließ das Gericht offen. „Es befand, dass schon die mangelnde Information der Aktionäre über einen möglichen Konflikt nicht im Einklang mit der entsprechenden Empfehlung des Kodex stehe, weshalb es der Anfechtung der Wahl stattgab.“ erklärt Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln.

Ihrer Einschätzung nach schießt das Urteil etwas über das Ziel hinaus. Gleichwohl weist sie allerdings darauf hin, dass dies kein Einzelfall ist. So wie Continental erging es nämlich 2008 auch schon dem DAX-Konzern MAN. Wiederholt hielt ein Gericht nun die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds wegen Verstoßes gegen den DCGK für anfechtbar. Das Thema Interessenkonflikt hat damit innerhalb kurzer Zeit in drei Großunternehmen zur Aufhebung von Hauptversammlungsbeschlüssen geführt. Zipperle deutet dies „als Trend der Rechtsprechung, bereits der formellen Offenlegung der Möglichkeit solcher Konflikte wesentliche Bedeutung beizumessen“.

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