Bundeswehr

Karriere – Wann ist der Offizier wieder wer?

Der Offizier höheren Ranges stand in Deutschland vor dem ersten und zwischen beiden Weltkriegen für gesellschaftliche Elite, heute vergleichbar mit dem Manager eines größeren Betriebes. Wer in seiner Familie einen General oder gleich mehrere vorweisen konnte, fand sich auf Augenhöhe mit Bankier oder Industriellem. In den USA und einigen europäischen Ländern wie etwa Frankreich ist das auch heute noch so. In Deutschland hingegen ist der Stern des Offiziers nach dem zweiten Weltkrieg kontinuierlich gesunken.

Vor dem Fall des eisernen Vorhangs, mit der Mauer durch Berlin, einer schwer bewachten deutsch-deutschen Grenze und russischen Soldaten vor der Haustür  hatte die Bundeswehr noch eine Funktion. Auch wenn der Wehretat schon damals das Ziel von 2% am BIP des wirtschaftlich aufstrebenden Landes verfehlte, hatte das Thema Bundeswehr mehr Gewicht im öffentlichen Diskurs, gehörten Soldaten mehr zum Alltag als heute. Ein Titel des „Spiegel“ im Oktober 1962 löste unter der Überschrift „Bedingt abwehrbereit“ sogar einen mittleren Skandal aus. Umfangreiche Recherchen aus z. T. sehr exklusiven Quellen zeigten schon damals ein desaströses Bild der Bundeswehr. Die düpierte junge Republik mit Konrad Adenauer und dessen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß sprach von Landesverrat. Strauß musste zurücktreten.

Wer erwartet hätte, die Politik würde zur Vernunft kommen und die Verteidigungsfähigkeit nachbessern, wurde enttäuscht. Die Bundeswehr geriet weiter aus dem Blickfeld. Erst recht mit dem Fall der Mauer 1989 und dem Abzug der russischen Armee. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht 2011, in der zweiten Amtszeit von Angela Merkel, erreicht die Geschichte der Bundeswehr ihren vorläufigen Tiefpunkt. Fortan bestimmten Verfehlungen bei der Beschaffung und politische Entgleisungen des Personals die Debatten. Die Bundeswehr wurde endgültig ungeliebtes Kind.

Entsprechend wurde es auch immer schwieriger, fähiges Personal für die Offizierslaufbahn zu rekrutieren. In der Kabinettshierarchie zählte der Verteidigungsminister wenig bis gar nichts. Erst jüngst fiel die Wahl mit Christine Lambrecht zweit-, wenn nicht gar drittklassig aus. Die Bundeswehr ist durch eine ganze Reihe verfehlter Weichenstellungen auf den Hund gekommen. Das grundlegend zu ändern, braucht nicht nur viel Zeit, sondern beginnt beim Ansehen, das die Gesellschaft nicht nur der Offizierslaufbahn, sondern auch der Bundeswehr insgesamt entgegenbringt.

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