Kartellrechtsverstöße – Wo hört der Wettbewerb auf?
"Am 1.8.2012 hat das Bundeskartellamt gegen den Süßwarenproduzenten Haribo ein Bußgeld in Höhe von 2,4 Mio. Euro wegen Teilnahme an einem Informationsaustausch mit drei anderen Süßwarenherstellern verhängt. Die Verfahren gegen zwei der anderen beteiligten Unternehmen dauern noch an. Die Mars GmbH blieb als Kronzeuge bußgeldfrei.
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Am 1.8.2012 hat das Bundeskartellamt gegen den Süßwarenproduzenten Haribo ein Bußgeld in Höhe von 2,4 Mio. Euro wegen Teilnahme an einem Informationsaustausch mit drei anderen Süßwarenherstellern verhängt. Die Verfahren gegen zwei der anderen beteiligten Unternehmen dauern noch an. Die Mars GmbH blieb als Kronzeuge bußgeldfrei.
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Bei der so genannten „Viererrunde“ ging es nicht um die Abstimmung geplanter Preiserhöhungen, sondern um einen Austausch über den Stand und Verlauf von Verhandlungen der teilnehmenden Unternehmen mit den großen deutschen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen einschließlich Konditionenforderungen dieser Kunden, wie etwa die Forderung nach produktübergreifenden Rabatten.
„Neben der Verfolgung von Hardcore-Preisabsprachen steht der Informationsaustausch seit einigen Jahren im Fokus der Verfolgungspraxis des Bundeskartellamts, insbesondere im Konsumgüterbereich“, erläutert Romina Polley, Partnerin bei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton. Es handelt sich dabei nicht um Absprachen zwischen Wettbewerbern, sondern um so genanntes abgestimmtes Verhalten, das ebenfalls gegen das Kartellverbot verstößt. „Dabei geht es um die Ausräumung der Ungewissheit über zukünftiges Verhalten der anderen Marktteilnehmer“, so Polley. Während die Abstimmung von Preiserhöhungen als Hardcore-Verstoß eingeordnet wird, ist dies bei dem Austausch in Bezug auf nicht einzelproduktbezogene andere Wettbewerbsparameter nicht der Fall, was für die Frage der Bußgeldhöhe von Relevanz ist.
Im konkreten Fall war zudem fraglich, ob Haribo überhaupt mit den anderen drei Teilnehmern der Viererrunde – alles Schokoladenhersteller – in Wettbewerb steht. In der Fusionskontrolle werden nämlich mangels Austauschbarkeit aus Verbrauchersicht verschiedene Märkte für Schokolade und Zuckerware angenommen. Ein allenfalls mittelbares Wettbewerbsverhältnis ließe sich argumentieren, wenn man einen Wettbewerb der Süßwarenhersteller um den „Platz im Regal“ beim Handel annehmen würde. „Es ist jedoch nicht realistisch, dass sich bei Preisveränderungen die Fläche im Regal für eine Produktkategorie zu Lasten einer anderen verschiebt“, glaubt Polley. Es werden vom Kunden allenfalls günstigere Konkurrenzprodukte anderer Unternehmen in dieser Kategorie platziert. „Bei Annahme eines Kampfes um den Platz im Regal stünden im Extremfall alle Markenhersteller in Wettbewerb, was keinen Sinn macht“, so Polleys Fazit.
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