Konzerninsolvenzrecht ist ein längst überfälliger Schritt
"Mit der dritten und letzten Stufe der Insolvenzrechtsreform schickt sich das Bundesministerium der Justiz (BMJ) an, ein Konzerninsolvenzrecht zu schaffen. Schon das seit einem Jahr gültige ESUG legt das Augenmerk auf die Wahrung der Sanierungs-chancen der Unternehmen. Nun soll auf Konzernebene verhindert werden, dass Unternehmensgruppen insolvenzbedingt zerbrechen und eben diese Chancen zunichte gemacht werden.
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Mit der dritten und letzten Stufe der Insolvenzrechtsreform schickt sich das Bundesministerium der Justiz (BMJ) an, ein Konzerninsolvenzrecht zu schaffen. Schon das seit einem Jahr gültige ESUG legt das Augenmerk auf die Wahrung der Sanierungs-chancen der Unternehmen. Nun soll auf Konzernebene verhindert werden, dass Unternehmensgruppen insolvenzbedingt zerbrechen und eben diese Chancen zunichte gemacht werden.
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„Der Schritt ist konsequent und kommt keine Minute zu früh“, meint Tom Oliver Schorling, Partner der Sozietät White & Case. „Unsere Insolvenzordnung kennt nur Einzelunternehmen und ignoriert, dass diese eine wirtschaftliche Einheit bilden können.“ Kommt es zu einer Konzerninsolvenz, wird über jedes dieser Einzelunternehmen ein separates Verfahren eröffnet – mit eigenem Verwalter und jeweils zuständigem Insolvenzgericht. „Dass hier Effizienz und damit der Sanierungserfolg oft auf der Strecke bleiben, hat die Praxis mehrfach gezeigt“, so Schorling weiter.
Der Gesetzentwurf will eröffnete Einzelverfahren besser aufeinander abstimmen. So soll es mit dem Wahlgerichtsstand möglich sein, dass für sämtliche Verfahren eines Konzerns nur ein Insolvenzgericht zuständig ist. Und für den Fall, dass dann doch mehrere Gerichte involviert sind, müssen diese ebenso wie die Verwalter künftig kooperieren. So sollen Insolvenzgerichte darüber abstimmen, ob es sinnvoll ist, denselben Insolvenzverwalter für mehrere oder alle Konzerngesellschaften zu bestellen. Das soll verhindern, dass mehrere Verwalter nur die Interessen „ihrer“ Unternehmen verfolgen oder gar gegeneinander arbeiten. „Die Praxis muss zeigen, dass dieser Spagat gelingt, denn am verfassungsgemäßen Grundsatz der getrennten Verwaltung rechtlich getrennter Einheiten wird auch das neue Konzerninsolvenzrecht nichts ändern“, so Schorling.
Mit seinem Vorstoß steht das Bundesjustizministerium nicht allein da. Auch die EU-Kommission arbeitet an einer Stärkung der Kooperation zwischen Insolvenzgerichten und -verwaltern. Zudem schlägt die Kommission die Möglichkeit einer Gesamtstrukturierung vor und will Verwaltern Vorschlagsrechte für Sanierungspläne einräumen. Eine Konsolidierung der Insolvenzmassen ist aber auch hier nicht vorgesehen, sondern es geht allein um die gegenseitige Koordinierung der Insolvenzverfahren.
Schorlings Fazit lautet daher: Auch das vom Bundesjustizministerium geplante Konzerninsolvenzrecht bleibt dem Grundsatz treu, dass Gläubiger nur das Insolvenzrisiko tragen, das sie mit ihrem jeweiligen Vertragspartner übernommen haben. Gleichzeitig soll aber die Chance einer konzernweiten Sanierung nicht durch Reibungsverluste zwischen Einzelverfahren zunichte gemacht werden. Und davon profitieren sowohl der „Sanierungsfall“ als auch die Gläubiger.
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