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Markenrecht bricht Bankgeheimnis

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Auf die Kreditinstitute kommt mehr Arbeit zu. Sie dürfen bei Auskunftsersuchen von Inhabern von Immaterialgüterrechten künftig nicht mehr pauschal die Offenlegung von Namen und Adressen ihrer Kunden verweigern. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH). „Der Datenschutz der Kunden kann im Einzelfall weniger wichtig sein als das Interesse, eine Rechtsverletzung beispielsweise im Marken-, Urheber- oder Patentrecht wirksam zu unterbinden"", sagt Thomas Nägele, Rechtsanwalt und Experte für gewerblichen Rechtsschutz der Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz in Mannheim.

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Im Unionsrecht haben gewerbliche Schutzrechte einen hohen Stellenwert. Die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gewährt Inhabern gewerblicher Schutzrechte weitgehende Auskunftsbefugnisse. Diese dürfen, so Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie, auch nicht pauschal durch Vorschriften der Mitgliedstaaten begrenzt werden, die dem Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen dienen oder mit denen die Verarbeitung personenbezogener Daten eingeschränkt wird. Nach Ansicht des EuGH müssen deshalb auch Kreditinstitute hinnehmen, dass ein nationales Zeugnisverweigerungsrecht im Einzelfall nicht das Grundrecht des geistigen Eigentums beeinträchtigen darf (Az.: C-580/13). Die entsprechenden nationalen Vorschriften müssen daher gegebenenfalls europarechtskonform ausgelegt werden. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Naumburg, war dagegen noch bereit, einem Kreditinstitut nach Paragraph 19 Absatz 2 Satz 1 Markengesetz generell ein Zeugnisverweigerungsrecht einzuräumen. Diese Auffassung haben die Luxemburger Richter jetzt verworfen.

Der EuGH hatte auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofes (BGH) reagiert. Auch dieser hatte bereits Zweifel geäußert, ob ein unbedingter Vorrang des Bankgeheimnisses europarechtskonform wäre; geboten sei wohl eine Interessenabwägung im Einzelfall. Die Chancen stehen gut, dass auch dort das Recht des geistigen Eigentums einen höheren Schutz erhält als das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten: „Der Bundesgerichtshof hat bereits signalisiert, dass er den Ansprüchen der Inhaber gewerblicher Schutzrechte bei der Interessenabwägung einige Bedeutung beimisst““, erklärt Nägele. Für die dürfte es nun einfacher werden, Rechtsverletzungen bei Marken und Patenten gerade bei der stark zunehmenden Produktpiraterie im Internet zu verfolgen. „Die Kreditwirtschaft muss sich darauf einstellen, dass sich Auskunftsersuchen dieser Art häufen werden““, erwartet Nägele.

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