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Neue Finanzberichterstattung 2016

Bislang kannte der europäische Gesetzgeber, was die Transparenzanforderungen an gelistete Unternehmen angeht, nur eine Richtung: Im Sinne größtmöglicher Transparenz sollten börsennotierte Unternehmen ihre Investoren häufiger und detaillierter über den Geschäftsverlauf berichten. Insofern stellen die jüngsten Änderungen der Transparenzrichtlinie einen Richtungswechsel dar. Die bislang bestehende Verpflichtung zur vierteljährlichen Finanzberichterstattung ist mit der Umsetzung der Änderungen der Transparenzrichtlinie in deutsches Recht entfallen. Es bleibt bei der Pflicht den Jahresabschluss und einen Halbjahresfinanzbericht zu veröffentlichen. Mit den Änderungen möchte man eine längerfristige Sichtweise auf börsennotierte Unternehmen unterstützen. Auf diese Änderungen hat die Deutsche Börse mit einer Anpassung der Börsenregeln für im Prime Standard notierte Unternehmen reagiert. Phillip Melzer, Rechtsanwalt und Partner bei CMS Hasche Sigle erläutert im Folgenden, welche Auswirkungen die veränderte Transparenzrichtlinie auf die Berichtspraxis haben könnte.

22. März 2016

Bisherige Anforderungen

Im regulierten Markt notierte Unternehmen, die diesbezüglich keinen zusätzlichen Folgepflichten unterliegen (z.B. General Standard der Deutschen Börse), hatten bislang den gesetz-lichen Mindestanforderungen zu folgen, die zur Berichterstattung über das erste (Q1) und dritte Quartal (Q3) die Veröffentlichung sog. Zwischenmitteilungen vorsah. Auf Basis der abstrakten Anforderung, dass die Zwischenmitteilungen die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte im Mitteilungszeitraum und deren Auswirkung auf die Finanzlage des Emittenten zu erläutern sowie die Finanzlage und das Geschäftsergebnis zu beschreiben haben, blieb inhaltlich relativ weitreichender Gestaltungspielraum. So mussten Zwischenmitteilungen keine quantitativen Angaben enthalten, also insbesondere keine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und keine Bilanz.

Bisher hat die Deutsche Börse im Prime Standard notierte Unternehmen über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehend verpflichtet, zur Information über Q1 und Q3 Zwi-schenberichte nach dem IFRS Standard IAS 34 zu veröffentlichen. Derartige Zwischenberichte sind verkürzte Abschlüsse, die aber in ihren wesentlichen Bestandteilen (u.a. GuV, Bilanz, Cashflow-Rechnung und Anhang) einem Jahresabschluss nach IFRS entsprechen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen Zwischenbericht nach IAS 34 sind sehr engmaschig und formal und lassen wenig Raum für individuelle Gestaltung.

Neue Anforderungen

Für im regulierten Markt notierte Unternehmen, die diesbezüglich keinen zusätzlichen Folgepflichten unterliegen, (z.B. General Standard der deutschen Börse) entfällt die Berichtspflicht zu Q1 und Q3 ganz. Es bleibt diesen Unternehmen allerdings, ihre Investorenbasis freiwillig über die geschäftliche Entwicklung in Q1 und Q3 zu informieren. Die Deutsche Börse hat auf die gesetzlichen Änderungen derart reagiert, dass sie für im Prime Standard notierte Unternehmen nach wie vor eine Pflicht zur quartalsweisen Berichterstattung vorsieht. Die Berichterstattung zu Q1 und Q3 hat aber nicht mehr, wie bisher, in Form von Zwischenberichten nach IAS 34 zu erfolgen, sondern als Quartalsmitteilungen. Die inhaltlichen Anforderungen entsprechen im Wesentlichen denen, die an die Zwischenmitteilungen von Unternehmen des General Standard gestellt wurden. Auch Unternehmen des Prime Standard bleibt es vorbehalten auf freiwilliger Basis umfangreicher zu berichten, z.B. indem nach wie vor Zwischenberichte nach IAS 34 veröffentlicht werden.

Auswirkungen auf die Berichtspraxis

Die neuen Regeln sind erstmals für das erste Quartal 2016 anwendbar. Mit Spannung wird erwartet, wie z.B. die Unternehmen der DAX-Indexfamilie, die alle dem Prime Standard angehören, auf die neuen Anforderungen reagieren. Hier ist eine große Spannbreite, die vom Beibehalten der vollständigen Berichterstattung nach IAS 34, über abgespeckte eine Berichterstattung bis hin zur reinen Erfüllung der Mindestanforderungen unter Auslassung quantitativer Angaben reicht, denkbar. Eine Umfrage, die die IR-Agentur Cometis Ende November 2015 unter allen im Prime Standard notierten Unternehmen durchgeführt hat, hat gezeigt, dass 43% der Unternehmen noch keine Entscheidung zur Gestaltung der Quartalsberichtserstattung für Q1 2016 getroffen hatten, 30% Veränderungen vornehmen möchten, 18% weiterhin so berichten möchten wie bisher und 9% Veränderungen nicht zu Q1 2016, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen möchten.

Im Prime Standard notierte Unternehmen sollten die neu gewonnene Gestaltungsfreiheit nutzen, um ihre Berichterstattung gezielt auf die Informationen auszurichten, die für Investoren von zentraler Bedeutung sind. Zwischenberichte nach IAS 34 enthalten viel Information, die für Investoren unwesentlich oder unverständlich ist, und so den Blick auf Wesentliches verstellt. Bei Festlegung der künftigen Berichtsstandards empfiehlt sich ein enger Austausch mit der Investorenbasis, um sicherzustellen, dass insbesondere alle im jeweiligen Einzelfall für die Investoren relevanten Finanzkennzahlen berichtet werden. Auch Unternehmen im General Standard ist anzuraten, ihren Investoren auf freiwilliger Basis Finanzinformationen zu Q1 und Q3 zur Verfügung zu stellen.

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