Neuer Eurogruppen-Chef – Revolte der Konservativen
Eine faustdicke Überraschung war die Wahl des irischen Finanzministers Paschal Donohoe zum neuen Chef der Eurogruppe. Der Konservative setzte sich im zweiten Wahlgang denkbar knapp mit einer Stimme Vorsprung gegen die von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien unterstütze Favoritin Nadia Calvino durch.

Die spanische Wirtschaftsministerin witterte denn auch am Tag nach ihrer Niederlage ein Intrige. Eines der 10 von insgesamt 19 Ländern, die vor der Wahl ihre Stimme der Sozialdemokratin geben wollten, habe sich nicht an die Absprache gehalten, zürnte Calvino. Was vordergründig wie ein Aufstand der kleinen Länder gegen die Euro-Schwergewichte erscheint, war in Wahrheit eine parteipolitisch motivierte Revolte der konservativen Finanzminister gegen den Vormachtsanspruch der Sozialdemokraten in der Eurogruppe.
Die Wahl Donohoes ist deshalb auch eine Ohrfeige für Finanzminister Olaf Scholz, der sich im Hintergrund für seine spanische Parteifreundin als Nachfolgerin des Sozialdemokraten Mario Centeno stark gemacht hatte. Scholz, der als Favorit für die SPD-Kanzlerkandidatur gehandelt wird, wollte damit seiner Partei zeigen, dass er auch auf dem internationalen Parkett die Strippen zu ziehen weiß. Kanzlerin Angela Merkel dürfte hingegen mit Donohoe als künftigem Eurogruppen-Chef gut leben können. Bei ihrem Fait accompli profitierten die Konservativen davon, dass bei der Kür des neuen Eurogruppen-Chefs, anders als bei der Besetzung von EU-Spitzenpositionen zumeist üblich, kein mehrere Posten umfassendes und wohl austariertes Gesamtpersonalpaket geschnürt wurde. Sonst wären sie Gefahr gelaufen, dass an anderer Stelle aus Rache auch ihr Kandidat scheitert.