Allgemein

Neues vom Bauvertragsrecht

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Schon zum 01.01.2017 soll eine Gesetzesänderung in Kraft treten, mit der für die Praxis wesentliche Neuerungen geplant sind. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf des etwas sperrig betitelten „Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung"" wurde am 10. Juni 2016 in erster Beratung im Bundestag diskutiert. Eine für Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen wichtige Neuerung erläutert Oliver Koos, Local Partner, von GSK Stockmann + Kollegen: Im BGB soll ein einseitiges Anordnungsrecht des Auftraggebers nebst Vergütungsregelung verankert werden.

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28. Juni 2016

Wer je gebaut hat, der weiß: Es wird selten genau das, was ursprünglich geplant und beauftragt wurde, unverändert umgesetzt. Häufig ändert der Bauherr seine Vorstellungen und verlangt vom Auftragnehmer Änderungen oder zusätzliche Leistungen. Das kann zu erheblichen Mehrkosten und verlängerten Bauzeiten führen.

Die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) sieht Regelungen für solche Änderungswünsche vor, nämlich einerseits ein Anordnungsrecht des Auftraggebers (§ 1 Abs. 3 und 4) und andererseits eine Anpassung der Vergütung des Auftragnehmers (insbesondere § 2 Abs. 5 und 6). Außerhalb der VOB/B setzt eine Änderung des Vertrages grundsätzlich eine Einigung der Vertragsparteien voraus. Der Unternehmer hat dann also eine gute Verhandlungsposition für seine Mehrvergütung.

VOB versus BGB

Jetzt sollen auch in das BGB Regelungen zu einseitigen Vertragsänderungen aufgenommen werden. Sie weichen von denen der VOB/B erheblich ab. Der Entwurf sieht in § 650b vor, dass die Parteien zunächst eine Einigung versuchen sollen. Um diese zu ermöglichen, ist der Auftragnehmer grundsätzlich verpflichtet, ein Angebot über die Änderung zu unterbreiten.  Scheitert eine Einigung, kann der Besteller die Änderungen einseitig anordnen und der Unternehmer muss sie grundsätzlich ausführen. Die Vergütung des Auftragnehmers soll nach § 650c des Entwurfs anders als gemäß VOB/B nicht nach den Vertragsgrundlagen (also einer Urkalkulation) anzupassen sein, sondern nach den tatsächlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen. Alternativ kann der Auftragnehmer aber auch auf eine vereinbarungsgemäß hinterlegte Urkalkulation zurückgreifen. Der Entwurf enthält eine Vermutung, dass die auf Basis der Urkalkulation ermittelte Vergütung den tatsächlichen Kosten mit einem angemessenen Zuschlag entspricht. Diese Vermutung, gepaart mit dem Wahlrecht des Auftragnehmers, wie dieser abrechnen will, eröffnet dem Auftragnehmer Raum für Preisspekulationen. Abschlagszahlungen kann der Auftragnehmer zudem beim Fehlen einer Einigung grundsätzlich in Höhe von 80% des für den Einigungsversuch unterbreiteten Nachtragsangebots verlangen. Das alles bietet viel Potenzial für Streitigkeiten. Um diese beschleunigt auszutragen, sieht der Entwurf Folgendes vor: Die Parteien sollen unter erleichterten Voraussetzungen eine einstweilige Verfügung gegeneinander erwirken können.

Aktuelle politische Diskussion

Die Einführung eines einseitigen Anordnungsrechts in das BGB ist hoch umstritten. Die Stimmen reichen von einer totalen Ablehnung einseitiger Anordnungsrechte im BGB (wegen des darin liegenden Verstoßes gegen die Bindung des einvernehmlich geschlossenen Vertrages), über den Wunsch zu ausdrücklichen Einschränkungen des Anordnungsrechts (z. B. Einschränkung der Zumutbarkeit und Ausschluss von Anordnungen zur Bauzeit) bis zu dem Wunsch nach einer Ausweitung. Nicht weniger diskutiert werden die Vergütungsfolgen und die einstweilige Verfügung. Wer sich durchsetzt, bleibt abzuwarten.

Dokumentation lohnt sich

Auch im BGB-Bauvertrag besteht ein Bedarf für einseitige Änderungsanordnungen. Der Vorstoß, diese gesetzlich zu regeln, ist daher richtig. Dann ist es aber zwingend, auch deren Grenzen und die Folgen für die Vergütung festzulegen. Es überrascht wenig, dass Auftraggeber- und Auftragnehmervertreter hierüber unterschiedlicher Auffassung sind. Keine gesetzliche Regelung wird aber etwas an der Zahl der Änderungswünsche des Auftraggebers oder an den Streitigkeiten über die Höhe der dafür zu zahlenden Vergütung ändern. Für die Parteien ist daher auch weiterhin eine gut dokumentierte und nachvollziehbare Abrechnung wichtig. Dabei stehen gerade auch Mehrkosten wegen verlängerter Bauzeit im Fokus, die schwer zu belegen sind, aber vom Auftragnehmer regelmäßig geltend gemacht werden. Dessen ungeachtet wird die Reform schon wegen der Vielzahl der sonstigen Änderungen zu erheblichem Anpassungbedarf nicht nur der BGB-Bauverträge, sondern auch der VOB/B-Bauverträge führen.

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