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OLG-Entscheidung lässt Hintertür bei Vorstandsverträgen offen

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Vorstandsbestellungen sind gesetzlich auf höchstens fünf Jahre (bzw. sechs Jahre bei einer SE) befristet. Eine Vertragsverlängerung ist zulässig, jedoch nach dem Gesetz erst im letzten Jahr vor Ablauf der Fünfjahresfrist. Droht ein Vorstandsmitglied dem Werben eines Konkurrenten zu erliegen oder wird ein einfaches Vorstandsmitglied nach einer Neuorganisation des Vorstands zum Vorstandsvorsitzenden ernannt, so besteht jedoch gelegentlich ein praktisches Bedürfnis, eine neue Fünf-Jahres-Periode auch außerhalb dieses Zeitkorridors zu vereinbaren.

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„Da eine vorzeitige Vertragsverlängerung nicht möglich ist, behilft sich die Praxis häufig mit der einvernehmlichen Aufhebung“, so Matthias Schüppen, Partner der Anwaltssozietät Graf Kanitz, Schüppen & Partner. Der für börsennotierte Gesellschaften geltende Deutsche Corporate Governance Kodex mahnt zwar zur Zurückhaltung, bringt aber zugleich zum Ausdruck, dass diese rechtliche Konstruktion nach Auffassung der Regierungskommission Corporate Governance im Grundsatz zulässig ist. Gleichwohl ist die Frage in der juristischen Fachliteratur umstritten geblieben.

Kritiker haben nun Unterstützung durch das OLG Zweibrücken erhalten (Az.: 4 U 76/10). „Das Gericht hat die Kombination von Aufhebung und Neubestellung außerhalb der Jahresfrist als unzulässige Umgehung des eindeutigen Gesetzeszweckes für rechtswidrig erklärt“, so Schüppen. Zwei „Hintertüren“ lässt das Pfälzische Oberlandesgericht jedoch offen: Zum einen sieht es im konkreten Fall die Verlängerungsbeschlüsse als „offenkundig nicht auf sachlichen Erwägungen“ beruhend, so dass es unbeantwortet lässt, ob in begrenzten, sachlich gerechtfertigten Ausnahmefällen nicht doch besondere Umstände im Sinne des Deutschen Corporate Governance Kodex die Konstruktion zur vorzeitigen Vertragsverlängerung rechtfertigen können. „Zudem hat es – keineswegs selbstverständlich – die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen“, so Schüppen, „so dass die Praxis auf ein klärendes Wort aus Karlsruhe hoffen darf.“ Bis es soweit ist, sollten betroffene Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder größte Zurückhaltung üben und unumgängliche vorzeitige Entscheidungen noch genauer begründen und dokumentieren.

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