Regierung plant Beschränkung von Spruchverfahren auf eine Instanz
Seit Jahrzehnten überschreite die Dauer von abfindungsrelevanten Spruchverfahren im Nachgang zu Unternehmensverträgen, Umwandlungsvorgängen und Squeeze-outs häufig ein akzeptables Maß, betont Thomas Stohlmeier, Partner für Gesellschaftsrecht bei Clifford Chance. Inzwischen führt dies sogar zu verfassungsrechtlichen Problemen: Das Bundesverfassungsgericht hat im vergangenen Jahr die überlange Dauer zweier Spruchverfahren kritisiert, die schon in der ersten landgerichtlichen Instanz erstaunliche 18 bzw. 22 Jahre betrug – damit werde der verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutz von Aktionären unzulässig eingeschränkt.
Einer der Gründe für die lange Dauer von Spruchverfahren ist, dass es im Kern regelmäßig um komplexe Unternehmensbewertungen geht; die Richter müssen sich mit oft gegenläufigen Bewertungsgutachten auseinandersetzen und sich dazu vertieft mit der Bewertungsmethodik beschäftigen. Um hier Expertise zu bündeln, sollen Spruchverfahren im Rahmen der geplanten Reform bei bestimmten Oberlandesgerichten konzentriert werden. Eine weitere Instanz zur Überprüfung der Entscheidung des Oberlandesgerichts soll nicht zur Verfügung stehen. Laut Stohlmeier ist die Initiative sehr zu begrüßen. „Dies wird die fachliche Expertise bei den befassten Senaten weiter verdichten.“
Aktionärsschützer kritisieren demgegenüber, dass der Wegfall der Berufungsinstanz mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar sei; sie haben zudem den Verdacht, dass die Oberlandesgerichte künftig tendenziell zugunsten von Unternehmen entscheiden werden. Stohlmeier hält diese Kritik für haltlos. „Zutreffend ist vielmehr, dass beide Seiten an einer kurzen Verfahrensdauer interessiert sein sollten: Unternehmen, weil sie früher von der Verpflichtung befreit werden, Rückstellungen zu bilden und weil der Verfahrensaufwand abnimmt; Aktionäre, weil sie eine mögliche Abfindung früher erhalten und sich das Risiko einer mangelnden Leistungsfähigkeit des Abfindungsschuldners verringert.“