Rückbesinnung auf die ursprünglichen Ziele
Lange Zeit haben die Juristen den Deutschen Corporate Governance Kodex als Maßstab guter Unternehmensführung anerkannt. Nun wächst die Kritik. Konzipiert war der Kodex als Zusammenfassung der Best Practice der Unternehmensführung; er sollte also nicht Trendsetter sein. „Dennoch nutzt ihn die Kodex-Kommission, um Trends und Modethemen aufzufangen, bevor sich der Gesetzgeber ihrer annimmt“, so Joachim von Falkenhausen, Partner und Gesellschaftsrechtsexperte bei Latham & Watkins.
Lange Zeit haben die Juristen den Deutschen Corporate Governance Kodex als Maßstab guter Unternehmensführung anerkannt. Nun wächst die Kritik. Konzipiert war der Kodex als Zusammenfassung der Best Practice der Unternehmensführung; er sollte also nicht Trendsetter sein. „Dennoch nutzt ihn die Kodex-Kommission, um Trends und Modethemen aufzufangen, bevor sich der Gesetzgeber ihrer annimmt“, so Joachim von Falkenhausen, Partner und Gesellschaftsrechtsexperte bei Latham & Watkins.
Das hat nicht immer Erfolg; häufig werden Kodex-Neuerungen alsbald durch Gesetzesänderungen überholt. Dieses Schicksal droht auch der – recht unklaren – Kodexempfehlung zur Diversity im Aufsichtsrat. „Sie wird den Gesetzgeber kaum daran hindern, eine Frauenquote gesetzlich einzuführen“, glaubt von Falkenhausen.
Ein weiteres Modethema ist die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats. Soeben hat die Kodex-Kommission die Empfehlung hierzu verschärft, allerdings nicht präzisiert. Nunmehr soll ein Aufsichtsratsmitglied nicht mehr unabhängig sein, wenn es einem kontrollierenden Aktionär verbunden ist, jedenfalls soweit diese Verbindung einen wesentlichen Interessenkonflikt begründen kann. Zwar wird diese Vorschrift durch den – erst zum Ende der Diskussion eingeführten – letzten Halbsatz aufgeweicht; sie ist einer EU-Empfehlung entnommen. Für Deutschland passt sie jedoch nicht, denn das deutsche Recht erwartet, dass herrschende Aktionäre ihre „Konzernleitungspflicht“ ausüben und notfalls über den Aufsichtsrat durchsetzen. „Das Bundesverfassungsgericht hat die paritätische Mitbestimmung nur deswegen gebilligt, weil den Anteilseignern im Aufsichtsrat ein geringes Übergewicht verbleibt“, so von Falkenhausen weiter. „Das geht verloren, wenn die Anteilseigner den Aufsichtsrat nicht mehr mit Personen ihres Vertrauens besetzen können.“
Der Kritik wird entgegengehalten, der Kodex sei ja nicht verbindlich und es könne eine „Abweichungskultur“ geben. Richtig daran ist nur, dass eine Abweichung vom Kodex nicht verwerflich ist. Mit dem Verweis auf die „Abweichungskultur“ lässt sich aber nicht rechtfertigen, dem Kodex unklare Regelungen aufzupfropfen, die zudem nicht einer bestehenden Best Practice entsprechen. „Der Kodex muss vom Ballast befreit und auf seine ursprüngliche Konzeption zurückgeführt werden“, so von Falkenhausens Fazit. „Er sollte nicht mehr als ein knappes Kompendium einer Best Practice der
Unternehmensführung sein.“