Sanierung von Unternehmen könnte künftig deutlich schwerer werden
"Ein Urteil des Bundesfinanzhofs könnte die Sanierung von Unternehmen künftig deutlich erschweren (Az.: V R 22/10).
"
Ein Urteil des Bundesfinanzhofs könnte die Sanierung von Unternehmen künftig deutlich erschweren (Az.: V R 22/10).
„
Die Richter urteilten, dass ein Insolvenzverwalter bei Forderungen, die er für Leistungen des insolventen Unternehmens aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzieht, die Umsatzsteuer in voller Höhe an das Finanzamt abführen muss. Und dies auch dann, wenn – wie im entschiedenen Fall – das insolvente Unternehmen der Sollbesteuerung unterliegt.
Gegen den Umsatzsteuerbescheid des Finanzamts hatte ein Insolvenzverwalter geklagt, weil seiner Ansicht nach die Umsatzsteuerverbindlichkeiten zu den Insolvenzforderungen gehörten. Damit wären sie dem direkten Zugriff des Fiskus entzogen. „In der Praxis hieß das bislang, dass das Finanzamt seine Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden musste und wie die übrigen Gläubiger nur anteilig befriedigt wurde“, sagt Johannes Landry, Rechtsanwalt bei der Sozietät Raupach & Wollert-Elmendorff. Verzeichnete z. B. ein Insolvenzverwalter eine Einnahme von 10 000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer für vorinsolvenzliche Leistungen, konnte er den Gesamtbetrag von 11 900 Euro für die Befriedigung der Gläubiger verwenden und musste auch das Finanzamt nur entsprechend der für alle Gläubiger gleichen Insolvenzquote von z. B. 5% bedienen. Nun bleibt ihm dafür nur der Netto-Betrag. Denn der Bundesfinanzhof urteilte, dass nicht nur wie seit einem BFH-Urteil im Jahr 2009 schon in Fällen der Istbesteuerung (Az.: V R 64/07) die Umsatzsteuer zu den voll zu befriedigenden Masseverbindlichkeiten gezählt wird, sondern auch bei der im Regelfall geltenden Sollbesteuerung.
„Das Urteil ist ein weiterer Schritt zur Wiedereinführung des durch die Insolvenzordnung abgeschafften Fiskusprivilegs zulasten der anderen Gläubiger“, erklärt Landry. Unverständlich sei vor allem, weshalb bei der Umsatzsteuer die vollständige Verwirklichung des Steuertatbestands durch Entgeltvereinnahmung maßgeblich sein soll. Nach allgemeinen insolvenzrechtlichen Grundsätzen sei ausschließlich die Begründung der Forderung relevant, die – zumindest bei der Sollbesteuerung – bereits mit Leistungserbringung eintrete. Warum der Fiskus besser gestellt werden sollte als etwa ein Schadensersatzgläubiger leuchte nicht ein: „Dieser hat auch nur eine Insolvenzforderung, wenn die schädigende Handlung vor Verfahrenseröffnung begangen worden ist. Dass der Schaden möglicherweise erst später eintritt, verhilft ihm zu keiner Masseforderung.“
„