Sanierungsfusion von Zeitungen: Ein Sündenfall?
"Das Bundeskartellamt (BKartA) gab am 1.9.2014 bekannt, dass es den Erwerb der „Münsterschen Zeitung“ (MZ) durch den Aschendorff Verlag genehmigt hat. Aschendorff verlegt die „Westfälischen Nachrichten“, den Hauptkonkurrenten der MZ. Das BKartA beruft sich auf die so genannte Pressesanierungsklausel im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Obwohl „Aschendorff auf den betroffenen Leser- und Anzeigenmärkten eine Alleinstellung erreicht“, wurde die Fusion genehmigt. Dies führte sogleich zu kritischen Stellungnahmen. Insbesondere der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte noch am selben Tag die „Rücknahme der Lockerungen im Kartellrecht“, wobei „auch die Regelungen zur Sanierungsfusion wieder zu verschärfen“ seien.
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Das Bundeskartellamt (BKartA) gab am 1.9.2014 bekannt, dass es den Erwerb der „Münsterschen Zeitung“ (MZ) durch den Aschendorff Verlag genehmigt hat. Aschendorff verlegt die „Westfälischen Nachrichten“, den Hauptkonkurrenten der MZ. Das BKartA beruft sich auf die so genannte Pressesanierungsklausel im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Obwohl „Aschendorff auf den betroffenen Leser- und Anzeigenmärkten eine Alleinstellung erreicht“, wurde die Fusion genehmigt. Dies führte sogleich zu kritischen Stellungnahmen. Insbesondere der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte noch am selben Tag die „Rücknahme der Lockerungen im Kartellrecht“, wobei „auch die Regelungen zur Sanierungsfusion wieder zu verschärfen“ seien.
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Der Gesetzgeber hat die fragliche Sanierungsfusion im Jahr 2013 eingeführt. Sie dürfe aber nicht als Freifahrtschein für unbegrenzte Verlagskonsolidierungen missverstanden werden, so Rechtsanwalt Jens Hackl von der Kanzlei Morrison & Foerster in Berlin. „Es fand damit nämlich im Wesentlichen nur eine Kodifizierung von anerkannten kartellrechtlichen Grundsätzen statt: Die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung wird hingenommen, wenn das Objekt der Übernahme anderenfalls auf Grund einer Insolvenz sowieso vom Markt verschwinden würde, seine Marktstellung dem Erwerber ohnehin zufallen würde und es keinen alternativen Erwerber gibt, der eine wettbewerbskonforme Lösung sichergestellt hätte.“ Auch in der „neuen“ Pressesanierungsklausel finden sich nun diese Grundsätze. „Allerdings verzichtet das Gesetz darauf, dass das Marktpotenzial des Zielunternehmens auch ohne den Zusammenschluss dem Erwerber zufallen muss“, so der Kartellrechtsexperte. „Zudem kann der Nachweis der Sanierungsbedürftigkeit jetzt schon durch ein Gutachten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers erbracht werden.“ Darin werde mitunter ein Aufweichen des gesetzlichen Schutzniveaus gesehen. „Die Praxis des BKartA zeigt aber, dass die Voraussetzungen der Sanierungsfusion, insbesondere die drohende Insolvenz, nach wie vor streng überprüft werden, wie z. B. die Ablehnung des Erwerbs mehrerer Zeitungen, u. a. der ‚WAZ‘, durch das Medienhaus Lensing im Juli 2014 belegt“, so Hackl.
Die Forderungen des DJV nach einer erneuten Verschärfung des Pressekartellrechts erscheinen somit nicht gerechtfertigt. „Auf Grund der dramatischen Lage im Printbereich ist eher ein großzügigerer Maßstab wünschenswert“, sagt Hackl. Die klassischen Printobjekte werden vermehrt durch das Internet als Informations- und Werbemedium abgelöst. Die Beurteilung von Verlagsfusionen sollte daher nicht mehr bei der Betrachtung der klassischen regionalen Leser- und Anzeigenmärkte stehenbleiben. Sie muss die bestehenden Wechselbeziehungen zum Internet stärker berücksichtigen. Anderenfalls werden Giganten wie Google das Informationsmonopol an sich reißen und die klassischen Medien endgültig verdrängen. Diesen Trend werden die Regeln zur Sanierungsfusion jedenfalls nicht beschleunigen. „Sie können bei einer großzügigen Handhabung aber dabei helfen, dass schlagkräftige deutsche Medienhäuser auch zukünftig überleben“, so das Fazit von Hackl.
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