Schutzschirm nicht ganz wasserdicht
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Ein Kernpunkt der Reform ist die Stärkung der Gläubigerbeteiligung durch die zwingende Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses bei Unternehmen mit einem laufenden Geschäftsbetrieb und einer Bilanzsumme sowie einem Jahresumsatz von jeweils mindestens 2 Mio. Euro bzw. mindestens zehn Arbeitnehmern. Dieser vorläufige Gläubigerausschuss soll künftig ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters sowie der Anordnung der Eigenverwaltung haben. Verglichen mit der bisherigen Bestellung des Insolvenzverwalters durch den Richter wird das Insolvenzverfahren hier für Gläubiger und Schuldner kalkulierbarer. „In der Praxis werden sich die Hauptgläubiger künftig bemühen, die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses entsprechend vorzubereiten und sich im Vorfeld über den aus Gläubigersicht geeignetsten Insolvenzverwalter abstimmen“, so Andreas Ziegenhagen, Leiter der Restrukturierungs- und Insolvenzrechtspraxis bei Salans.
Mit der Reform soll auch ein eigenständiges Sanierungsvorbereitungsverfahren eingeführt werden, das dem Schuldner bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Möglichkeit gibt, innerhalb von drei Monaten unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen selbst einen Sanierungsplan auszuarbeiten. Dieser kann dann anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden. „Weil aber das Sanierungsvorbereitungsverfahren zwingend endet, sobald die Zahlungsunfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens eintritt, bringt hier der Schutzschirm keinen echten Aufschub; die Gläubiger können weiterhin ihre Forderungen fällig stellen“, weist Ziegenhagen auf einen kritischen Punkt hin. Der Gesetzgeber hat dieses Problem gesehen und insoweit in der Entwurfsbegründung ausgeführt, dass der Schuldner durch vorherige Absprachen mit wohlmeinenden Hauptgläubigern die Zahlungsunfähigkeit vermeiden kann. „Dies ist aber nicht ganz folgerichtig, weil das Insolvenzplanverfahren gerade dazu dient, unnachgiebige Gläubiger durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen zu überstimmen und insoweit auch das Sanierungsvorbereitungsverfahren einen Minimalschutz gewährleisten sollte“, so der Rechtsanwalt. „Hier wäre eine Erweiterung der Schutzschirmfunktion als echtes Moratorium zu begrüßen.“
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