Steuererhöhung nach EuGH-Urteil – Eile ist geboten!
Der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat mit seinem Urteil zur Besteuerung von Streubesitzdividenden klargestellt: Ausländische Kapitalgesellschaften können die auf Dividenden gezahlten Steuern zurückverlangen. Sind Anträge noch nicht gestellt, sollten Sie das schnell nachholen, da Ende des Jahres erneut Ansprüche zu verfristen drohen. Anpassungsbedarf besteht zudem bei inländischen Beteiligungskapitalgesellschaften, deren Dividendenerträge nun nicht mehr steuerfrei gestellt sind. Es besteht die Gefahr, dass die Steuerlast die Dividende aufzehrt, sagt Nikolay Herber, Steuerberater bei Noerr in Frankfurt.
Der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat mit seinem Urteil zur Besteuerung von Streubesitzdividenden klargestellt: Ausländische Kapitalgesellschaften können die auf Dividenden gezahlten Steuern zurückverlangen. Sind Anträge noch nicht gestellt, sollten Sie das schnell nachholen, da Ende des Jahres erneut Ansprüche zu verfristen drohen. Anpassungsbedarf besteht zudem bei inländischen Beteiligungskapitalgesellschaften, deren Dividendenerträge nun nicht mehr steuerfrei gestellt sind. Es besteht die Gefahr, dass die Steuerlast die Dividende aufzehrt, sagt Nikolay Herber, Steuerberater bei Noerr in Frankfurt.
Jahrelang schwelte der Streit zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesregierung wegen der Besteuerung von Dividenden bei deren Empfängerkapitalgesellschaften. Bereits im Oktober 2005 erging das erste Mahnschreiben an die Bundesrepublik Deutschland, sie möge sich rechtfertigen, warum Gewinnausschüttungen an Deutsche Kapitalgesellschaften als Empfänger von der Körperschaftsteuer befreit sind, während ausländische Kapitalgesellschaften, soweit diese nicht in den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie fallen, auf der einbehaltenen deutschen Quellensteuer sitzen bleiben. Diese Schlechterstellung ausländischer Kapitalgesellschaften im Vergleich zu den im Inland ansässigen beurteilte nach langem Scharmützel der EuGH als Verstoß gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit. Rechtfertigende Gründe lägen nicht vor. Die Bundesregierung war damit gezwungen zu handeln und angehalten, diese Schlechterstellung zu beseitigen. Im Herbst 2012 brachte der deutsche Gesetzgeber das sodann im letzten Jahr beschlossene sog. EuGH-Dividendenumsetzungsgesetz auf den Weg – mit weitreichenden Folgen jedoch nicht nur für ausländische Kapitalgesellschaften.
Auch inländische Kapitalgesellschaften betroffen
Eine Besserstellung ausländischer Kapitalgesellschaften erfolgte nur partiell. Weitreichender hingegen war die Schlechterstellung deutscher Kapitalgesellschaften, deren aus gehaltenen Beteiligungen bezogenen Dividendenerträge seitdem nicht mehr von der Körperschaftsteuer befreit sind, soweit die Beteiligungshöhe geringer als 10% ist. Das laut Gesetzesbegründung ausländischen Kapitalgesellschaften zustehende Erstattungsvolumen von 4,3 Mrd. Euro hat die Haushaltsabteilungen in den betroffenen Ministerien wohl die Oberhand im Gesetzgebungsverfahren gewinnen lassen.
Damit müssen sich nicht nur im Ausland ansässige Kapitalgesellschaften mit den Voraussetzungen für eine Erstattung der bereits einbehaltenen Steuer vertraut machen. Handlungsbedarf besteht nun auch bei inländischen Beteiligungsgesellschaften, um durch Anpassungen im Beteiligungsportfolio ggf. eine sehr schmerzliche, da kaskadierende Besteuerung zu vermeiden.
Das Problem: Werden Dividenden bei der Ausschüttung an eine Kapitalgesellschaft nicht freigestellt, so unterliegen diese Erträge, die bereits auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft mit Körperschaftsteuer belastet worden sind, erneut einer Besteuerung mit Körperschaftsteuer bei dem Empfänger. Bei komplexeren Beteiligungsstrukturen kann es damit im Ergebnis zu einer nahezu 100%-Besteuerung der Dividende kommen. Bei einer „Durchschüttung“ einer Dividende über mehrere Kapitalgesellschaftsebenen kommt damit bei den am Ende der Beteiligungskette stehenden natürlichen Personen nur noch ein Bruchteil der nämlichen Dividende an.
Weiter Anwendungsbereich der EuGH-Entscheidung
Im Ausland ansässige Kapitalgesellschaften haben bereits im Vorfeld der gesetzlichen Neuregelung Anträge auf Erstattung der europarechtswidrig einbehaltenen Steuer gestellt. Durch das mit der Neuregelung eingerichtete Erstattungsverfahren sollte für die Vielzahl von bereits eingereichten Anträgen eine belastbare Rechtsgrundlage für deren Bearbeitung geschaffen werden. Die Regelung des Erstattungsverfahrens greift jedoch nur einen geringen Bruchteil dieser Fälle auf. So ist der persönliche Anwendungsbereich des Erstattungsverfahrens grundsätzlich auf in der EU und im EWR ansässige Kapitalgesellschaften beschränkt. Die vom EuGH ins Feld geführte Kapitalverkehrsfreiheit erstreckt sich jedoch auch auf in Drittenstaaten ansässige Gesellschaften, wenn diese deutsche Dividenden beziehen.
Dies bedeutet: Gesellschaften sollten auch dann einen Antrag auf Erstattung stellen, wenn es sich zunächst nicht um einen Fall des im Gesetz normierten Erstattungsverfahrens handelt. Nur dann kann der Anspruch auf Erstattung wohlmöglich aus dem EuGH-Urteil selbst abgeleitet werden und erlischt nicht bereits aus formellen Gründen, weil ggf. Fristen für dessen Geltendmachung abgelaufen sind. Eile ist geboten: Noch nicht gestellte Anträge sollten rasch gestellt werden, da Ende des Jahres erneut Ansprüche zu verfristen drohen. Die Masse der bereits eingereichten Anträge ist durch die Finanzbehörden bislang noch nicht abgearbeitet worden. Immerhin kommt nun aber scheinbar Bewegung in die Sache. Das Bundeszentralamt für Steuern vergibt derzeit die ersten Antragsnummern. Auch eine materielle Prüfung von Anträ-gen scheint stattzufinden. So sind bei einigen betroffenen Gesellschaften erste Rückantworten und Aufforderungen nach Einreichung weiterer Unterlagen eingegangen.