Tarifkonflikte ante portas
Erste Gewerkschaften werfen bereits wichtige Schlaglichter, die auch die Wirtschaft auf dem Schirm haben sollte. Denn Nahles‘ Zuversicht teilt nicht jeder. Die IG BAU fürchtet mehr illegales Lohndumping wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Alleine am Bau wittert Gewerkschaftsvize Harald Schaum eine Menge „krimineller Machenschaften“ durch wachsenden Kosten- und Konkurrenzdruck. Stärkere Überwachung bräuchte auch die Gebäudereinigung, doch Finanzminister Christian Lindner stellt sich bisher quer. Wenn der Bund das Kontrollpersonal jetzt nicht aufstocke, öffne er dem Missbrauch des Mindestlohns Tür und Tor, warnt Schaum.
Routinemäßiger ist das laute Gebahren von Ver.di-Chef Frank Werneke einzuordnen. Für ihn steht ab 24.1. die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst (ÖD) von Bund und Kommunen an (rd. 2,5 Mio. Beschäftigte fordern +10,5% Lohn bzw. mind. +500 Euro/Monat), da wird taktiert. „Große Entschlossenheit“ spüre er bei den Beschäftigten, beschwört der Gewerkschafter die Streikbereitschaft, die im ÖD bekanntlich große Kreise ziehen kann – noch größere diesmal, da die parallel bei der Deutschen Bahn auf neue Tarifverträge abzielende EVG androht, Streikmaßnahmen mit den Ver.di-Kollegen gleichzuschalten, um mehr Druck auf Bahn und Eigner Bund auszuüben.
Kein Tarif-, aber spätestens seit der Pandemie ein absolutes Brandanliegen treibt den Marburger Bund (MB) mit der Krankenhausreform um. „Mehr Mut“ fordert die Ärzte-Gewerkschaft von Gesundheitsminister Karl Lauterbach und seinen Länder-Kollegen. Das Fallpauschalensystem habe zu verheerenden Fehlentwicklungen geführt und müsse komplett abgeschafft werden, mahnt MB-Chefin Susanne Johna vor den anstehenden Bund-Länder-Beratungen diese Woche. Die Ärzte hoffen auf Einsicht (Ausgliederung der gesamten patientennahen Personalkosten aus den Fallpauschalen) und Tempo, um Mitte 2024 die Umsetzung der Reformpläne starten zu können. vt