„Tue Gutes, aber sprich nicht zu viel darüber“
Was in den USA und Großbritannien gängige Praxis ist, gewinnt auch in Deutschland in einigen Bereichen zunehmend an Bedeutung – die unentgeltliche Rechtsberatung, kurz Pro Bono. In der öffentlichen Wahrnehmung führt sie jedoch meist ein Schattendasein. Gründe dafür gibt es viele: eine unsichere Rechtslage, die Furcht vieler Kanzleien, sich durch offensiv nach außen getragene Pro-Bono-Arbeit ein Eigentor zu schießen oder schlicht die organisatorische Frage, wie die Kostenlos-Beratung auf die Arbeitszeit der Mitarbeiter angerechnet wird. Warum Pro Bono notwendig ist und wie sich die bestehenden Probleme lösen lassen, darüber hat PLATOW Recht mit Matthias Koch, verantwortlicher Partner für die deutsche Pro-Bono-Praxis bei Hogan Lovells, gesprochen.
Was in den USA und Großbritannien gängige Praxis ist, gewinnt auch in Deutschland in einigen Bereichen zunehmend an Bedeutung – die unentgeltliche Rechtsberatung, kurz Pro Bono. In der öffentlichen Wahrnehmung führt sie jedoch meist ein Schattendasein. Gründe dafür gibt es viele: eine unsichere Rechtslage, die Furcht vieler Kanzleien, sich durch offensiv nach außen getragene Pro-Bono-Arbeit ein Eigentor zu schießen oder schlicht die organisatorische Frage, wie die Kostenlos-Beratung auf die Arbeitszeit der Mitarbeiter angerechnet wird. Warum Pro Bono notwendig ist und wie sich die bestehenden Probleme lösen lassen, darüber hat PLATOW Recht mit Matthias Koch, verantwortlicher Partner für die deutsche Pro-Bono-Praxis bei Hogan Lovells, gesprochen.
Kanzleien sind Dienstleister, die mit ihrer Rechtsberatung Geld verdienen. Warum investieren Sie wertvolle Beraterzeit für eine Tätigkeit, die kein Geld einbringt?
Für uns ist die unentgeltliche Beratung Teil unserer Corporate Identity. Profitabilität ist natürlich wichtig, keine Frage. Aber sie steht für uns nicht über allem. Wir haben auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung und sehen in der Pro-Bono-Arbeit eine Möglichkeit, diese zu erfüllen. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Teilnahme unserer Anwälte an Pro-Bono-Projekten.
Wie suchen Sie konkret die Projekte aus?
Pro-Bono-Rechtsberatung in Deutschland setzt dort an, wo die staatlichen Hilfen, wie beispielsweise die Beratungs-, Verfahrens- oder die Prozesskostenhilfe, nicht greifen. Gerade bei gemeinnützigen und Nichtregierungsorganisationen sowie Stiftungen gibt es einen großen Beratungsbedarf, für den die einzelnen Organisationen aber kein Geld ausgeben können, weil sonst die eigentliche Projektarbeit leiden würde. Die Organisationen, die wir beraten, müssen sich eine professionelle Rechtsberatung nicht leisten können. Wir bieten also nicht blind jedem, der Gutes tut, unsere Hilfe an, sondern unterstützen stattdessen den Aufbau von Strukturen, die notwendig sind, damit die jeweilige Organisation ihren gesellschaftspolitischen Auftrag erfüllen kann. Dabei arbeiten wir derzeit überwiegend mit langjährigen Partnern bei Projekten im Bereich „Social Entrepreneurs“ und zur Förderung von Jugendlichen zusammen. Uns ist ebenfalls besonders wichtig, dass der Initiator mit ganzem Herzen hinter seinem Projekt steht und diese Begeisterung spürbar ist. Schließlich ist auch das Sinn und Zweck der Pro-Bono-Arbeit: Sie soll auch bei unseren Mitarbeitern das soziale Engagement fördern.
Inwieweit lässt sich dieses soziale Engagement denn in die reguläre Arbeit integrieren?
In fachlicher Hinsicht unterscheidet sich die Pro-Bono-Arbeit nicht von unserer entgeltlichen Beratung. Wir beraten in ers-ter Linie in allen Bereichen des Wirtschaftsrechts, die wir innerhalb unserer Sozietät anbieten und es gelten dieselben Qualitätsansprüche. Was den Umfang der geleisteten Stunden angeht, so hängt dieser vor allem von den nachgefragten Rechtsgebieten und der Verfügbarkeit unserer Anwälte ab, ist aber auch eine Frage des persönlichen Engagements. Grundsätzlich ist jedoch die Wertschätzung von Pro-Bono-Arbeit hoch und unser Anliegen ist es, Pro Bono für alle Anwälte bei Hogan Lovells als festen Karrierebestandteil zu etablieren.
Wie wichtig ist Pro-Bono-Arbeit aus Marketing-Sicht?
In erster Linie zählt für uns der persönliche Gewinn, den wir aus unserem Engagement ziehen. Für unsere Mitarbeiter ist es wichtig zu erleben, dass sie persönlich, mit den Mitteln der Sozietät, einen Beitrag zur Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas leisten können. Nach unserem Verständnis lässt sich dies mit Marketing nicht vereinbaren; im Gegenteil, ein zu offensiver Umgang mit Pro Bono wird im Markt schnell als Angeberei interpretiert. Wir sind daher eher zurückhaltend und veröffentlichen selten Mandate. Tue Gutes und rede vor allem laut darüber – das ist für eine Kanzlei sehr gefährlich. Obwohl unsere Pro-Bono-Mandanten sicher froh über die zusätzliche Aufmerksamkeit wären.
Hogan Lovells gehört zu den Gründungsmitgliedern von „Pro Bono Deutschland e.V.“. Warum solch ein Verein?
Der Verein versteht sich als Interessengemeinschaft, um besser über die Möglichkeiten der Pro-Bono-Arbeit in Deutschland zu informieren und das bereits existierende Engagement weiter zu fördern. Es ist daher sehr erfreulich, dass zu unseren Mitgliedern auch rein deutsche Kanzleien gehören, die den angloamerikanischen Hintergrund und damit schon zumindest in Ansätzen etablierte Pro-Bono-Strukturen nicht haben. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der gesetzlichen und standesrechtlichen Rahmenbedingungen für Pro-Bono-Arbeit in Deutschland. Daneben erarbeiten wir Standards für die Pro-Bono-Arbeit interessierter Anwälte, also beispielsweise klare Definitionen, was förderungswürdige Projekte sind. Was der Verein dagegen nicht macht, ist, selbst entsprechende Mandate zu akquirieren und an die Mitglieder zu verteilen. Für mich persönlich ist es wichtig, dass die unentgeltliche Rechtsberatung in Deutschland unter Juristen eine größere Akzeptanz findet und jeder sich überlegt, was er tun kann, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben.