Geopolitik

Ukraine – Putin nimmt Bidens „Einladung“ an

Kaum war in Peking das olympische Feuer erloschen, da schuf in Moskau Wladimir Putin Fakten. Mit der Anerkennung der beiden pro-russischen Separatisten-Gebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten verschaffte sich der Kreml-Herrscher den gewünschten Vorwand für eine militärische „Friedensmission“ in der Ost-Ukraine, um den angeblich von Kiew bedrohten „Volksrepubliken“ zu Hilfe zu eilen.

Wladimir Putin
Wladimir Putin © CC0

Den entsprechenden Marschbefehl für die russischen Streitkräfte hatte Putin gleich mit unterzeichnet. Damit klopfte der russische Präsident nicht nur das von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel vermittelte Minsker Abkommen in die Tonne, sondern zeigte sich auch unbeeindruckt von den westlichen Sanktionsdrohungen. Tatsächlich will der Westen zunächst wohl nur die erste Stufe der sorgsam ausgehandelten Sanktionskaskade aktivieren, um für den Fall eines Durchmarschs des russischen Militärs bis nach Kiew noch genügend Sanktionsmunition in der Hinterhand zu behalten.

Doch genau hier könnte der Denkfehler des Westens liegen, den US-Präsident Joe Biden auf seiner denkwürdigen Pressekonferenz zum Jahrestag seiner Amtseinführung leichtfertig offenbarte. Dabei ließ Biden durchblicken, dass es für das Auslösen der geplanten Sanktionen einen Unterschied mache, ob es zu einer russischen Invasion in die Ukraine kommt oder nur zu einem „geringfügigen Einfall“. Nicht wenige Beobachter sahen schon damals darin eine ungewollte Einladung Bidens an Putin zu einer begrenzten militärischen Intervention, die der Westen nur mit wenig schmerzhaften Sanktionen bestrafen würde.

Eine faktische Annexion der Separatisten-Gebiete würde an den Machtverhältnissen in der Ost-Ukraine tatsächlich wenig ändern. Doch darf bezweifelt werden, dass sich Putin, der die Existenz der Ukraine für einen Unfall der Geschichte hält (s. S. 4), damit zufrieden gibt. Gut möglich, dass sich Putin nach der Besetzung der Separatisten-Republiken zunächst wieder verhandlungsbereit zeigt. Doch der Kreml-Chef wird nicht eher ruhen, bis die gesamte Ukraine wieder in den russischen Herrschaftsbereich zurückgekehrt ist.

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