Allgemein

UmwSt-Erlass: Was lange währt, wird (n)immer gut?

"

Seit Einführung des neuen Umwandlungssteuerrechts durch das SEStEG zum Jahresbeginn 2007 warten deutsche Unternehmen und Berater auf den neuen Erlass der Finanzverwaltung, der den bisherigen Umwandlungssteuererlass aus dem Jahr 1998 ablösen soll. Viereinhalb Jahre später hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun endlich einen Entwurf veröffentlicht. Die damit verbundene Hoffnung auf Rechts- und Planungssicherheit wurde jedoch nur teilweise erfüllt. Vielmehr lässt das Dokument viele Fragen offen und wirft seinerseits zusätzliche Fragen auf. Zu einigen berichten Alexander Werder und Natalie Schweda von Gleiss Lutz in Stuttgart.

"

Von Zeit zu Zeit stehen Unternehmen vor der Herausforderung, dass die Unternehmensstruktur an ein geändertes Umfeld angepasst werden muss oder dass Teilen des Betriebs, etwa dem Vertrieb, mehr Selbständigkeit und Verantwortung gegeben werden soll, indem sie in Tochtergesellschaften ausgegliedert werden. Die steuerlichen Folgen solcher Umwandlungen regelt das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG), das im Jahr 2006 grundlegend überarbeitet und auf europäische Umwandlungen ausgedehnt wurde. Das Bundesfinanzministerium erläutert und konkretisiert nun in seinem Entwurf des Umwandlungssteuererlasses auf knapp 180 Seiten die neuen Regelungen und nimmt zu Zweifels- und Auslegungsfragen Stellung. Die im Erlass dargelegten Grundsätze sollen nach derzeitiger Auffassung des BMF auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle angewendet werden, für die das überarbeitete UmwStG gilt. An einigen Stellen vertritt das BMF allerdings sehr profiskalische Auffassungen, teils mit zweifelhafter gesetzlicher Grundlage. Zudem enthält der Entwurf einige Fallstricke. Im folgenden werden zwei davon dargestellt, die sich auf die Abspaltung oder Ausgliederung eines Betriebsteils auswirken.

Europäischer statt nationaler Teilbetriebsbegriff
Nach dem Umwandlungssteuergesetz können so genannte Teilbetriebe, sprich für sich selbständige Betriebsteile, nicht aber einzelne Wirtschaftsgüter steuerneutral auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden. Stimmig zur Europäisierung des UmwStG möchte das BMF in diesem Zusammenhang nun den Teilbetriebsbegriff der europäischen Fusionsrichtlinie anwenden. Dies wirft zahlreiche Folgefragen auf: Der nationale Teilbetriebsbegriff ist durch jahrzehntelange Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte konkretisiert worden und dadurch handhabbar. Für die Auslegung des europäischen Begriffs ist hingegen der Europäische Gerichtshof zuständig, der bislang dazu nur vereinzelt entschieden hat. Kommt in Deutschland der europäische Teilbetriebsbegriff zur Anwendung, wird über viele Jahre unklar bleiben, welche Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung erfüllt sein müssen. Das BMF nimmt zwar zu einigen Aspekten Stellung. Es fällt jedoch auf, dass im Entwurf insbesondere die Punkte angesprochen werden, in denen der europäische Teilbetriebsbegriff wahrscheinlich strenger ist als der nationale. Der Entwurf geht beispielsweise davon aus, dass auch Verbindlichkeiten zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Teilbetriebs gehören und daher mit übertragen werden müssen. Bei Grundstücken verlangt das BMF, dass zumindest das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird, obwohl einiges dafür spricht, dass es nach dem europäischen Teilbetriebsbegriff ausreicht, wenn solche Grundstücke dauerhaft an die aufnehmende Gesellschaft vermietet werden.

Teilbetrieb soll schon am Stichtag vorliegen
Bislang konnten die Abspaltung und Ausgliederung von Teilbetrieben zwar mit einigem Aufwand, aber noch verhältnismäßig zügig vorbereitet und umgesetzt werden. Das UmwStG sieht vor, dass eine Umwandlung steuerlich auf den Stichtag der Schlussbilanz zurückbezogen wird, der bis zu acht Monate vor der Anmeldung zum Handelsregister liegen darf. Dies ermöglicht es den beteiligten Rechtsträgern, die regulär zum Ende des Wirtschaftsjahres aufgestellte Bilanz als Grundlage für die Umwandlung zu nutzen. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung musste der Teilbetrieb am Stichtag noch nicht vorliegen. Praktisch hatte dies den Vorteil, dass der Teilbetrieb parallel zur Erstellung der Stichtagsbilanz geschaffen werden konnte. Dieser Praxis droht nun das BMF faktisch einen Riegel vorzuschieben, denn im Entwurf findet sich die Aussage, dass der Teilbetrieb bereits zum Stichtag vorliegen muss. Oft ist am Stichtag aber z. B. der entsprechende Betriebsteil noch nicht räumlich oder organisatorisch von anderen Betriebsteilen getrennt, der Teilbetrieb also noch gar nicht vorhanden. Wird dies in Zukunft verlangt, kann sich der Vorlauf für eine Abspaltung oder Ausgliederung um einige Monate verlängern. Bis die neue Unternehmensstruktur auch nach außen gelebt werden kann, vergeht so schnell mehr als ein Jahr. Soll damit schneller begonnen werden, sind oft komplexe vertragliche Regelungen zwischen dem übertragenden und dem aufnehmenden Rechtsträger erforderlich.

Verbandsanhörung beginnt im Juni
Dem Vernehmen nach hat sich das BMF zu einigen Punkten des Entwurfs noch keine abschließende Meinung gebildet. Es besteht also die Hoffnung, dass der eine oder andere Stolperstein im Rahmen der Verbandsanhörung, die am 15.6.11 beginnt, aus dem Weg geräumt werden kann. Die Veröffentlichung des finalen Erlasses ist für September 2011 geplant.

Abonnieren Anmelden
Zur PLATOW Börse