Unternehmen sind bei Ausschreibungen stärker gefragt
"Das OLG Karlsruhe hat kürzlich einer Bewerberin eine Entschädigung über gut 13 200 Euro zugesprochen, nachdem sich diese vergeblich auf eine Stellenanzeige „Geschäftsführer gesucht“ beworben hatte. Nach Ansicht des Gerichts war diese Stellenanzeige diskriminierend und verstieß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
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Das OLG Karlsruhe hat kürzlich einer Bewerberin eine Entschädigung über gut 13 200 Euro zugesprochen, nachdem sich diese vergeblich auf eine Stellenanzeige „Geschäftsführer gesucht“ beworben hatte. Nach Ansicht des Gerichts war diese Stellenanzeige diskriminierend und verstieß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
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Eine Anzeige muss geschlechtsneutral formuliert sein und sich in ihrem Gesamtkontext sowohl an Frauen als auch an Männer richten. Das Wort „Geschäftsführer“ mag im Sprachgebrauch wie ein Oberbegriff verwendet werden; im Rahmen einer Stellenanzeige ist es aber eben nicht geschlechtsneutral. Die Tatsache, dass das beklagte Unternehmen eine weibliche Bewerberin zum Vorstellungsgespräch geladen hatte, und auch die Behauptung, die Klägerin sei wegen mangelnder sonstiger Erfahrungen nicht eingeladen worden, konnten die Vermutung der geschlechtsbezogenen Benachteiligung nicht widerlegen. „Vielmehr hätte das Unternehmen nachweisen müssen, dass das Geschlecht der Klägerin bei der Auswahlentscheidung überhaupt keine Rolle gespielt hat“, so Susanne Boller, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei FPS Rechtsanwälte & Notare. Auch die Tatsache, dass das beklagte Unternehmen die Anzeige nicht selbst formuliert, sondern hiermit einen externen Dritten beauftragt hatte, half dem Unternehmen nicht. Denn das Verhalten dieses Dritten wurde dem Unternehmen zugerechnet.
„Arbeitgebern sollte dieses Urteil eine Warnung sein“, so Boller weiter. „Auch und gerade dann, wenn Dritte mit der Stellenausschreibung beauftragt werden, muss der Arbeitgeber das Ausschreibungsverfahren dahingehend überwachen, dass es ordnungsgemäß verläuft und sich kein Verstoß gegen das AGG einschleicht.“ Dabei müsse sich der Arbeitgeber bewusst sein, dass sich der Schutz des AGG nicht nur auf Arbeitnehmer/-innen, sondern auch auf Selbständige und Organmitglieder wie Geschäftsführer/-innen und Vorstände erstreckt. „Dringend zu empfehlen ist eine schriftliche Dokumentation zur Auswahlentscheidung, um im Streitfall die entscheidenden Erwägungen für die getroffene Bewerberauswahl nachweisen zu können“, so Bollers Rat. „Hohe Entschädigungssummen, die die Gerichte bei Verstößen gegen das AGG zunehmend zur Abschreckung verhängen, sind so vermeidbar.“
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