Wettlauf gegen Produktpiraten
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Die 2014 in Kraft getretene neue Grenzbeschlagnahme-verordnung ist effektiv, um gefälschte Produkte am Marktzutritt zu hindern. Allerdings werden davon Parallelimporte nicht erfasst, d. h. Produkte, die bereits in der EU/EWR in Verkehr sind. Dabei steht der Parallelimport in der Diskussion, das Eindringen von Fälschungen in den Markt zu begünstigen. Das Geschäftsmodell von Parallelimporteuren besteht darin, Originalprodukte in Ländern einzukaufen, in denen sie weniger kosten und in anderen Ländern zu höheren Preisen zu verkaufen. Je länger die Lieferkette wird, desto mehr Gelegenheiten bieten sich Fälschern, ihre Ware einzuschleusen. Der Parallelimporteur wird in den allermeisten Fällen keinerlei Kenntnis davon haben, dass ihm Fälschungen untergeschoben wurden. Durch AMNOG hat die Bedeutung des Parallelhandels bei Arzneimitteln abgenommen. Es liegt daher nahe, dass zunehmend Medizinprodukte in den Fokus der Parallelhändler geraten. „In der Rechtsprechung der letzten Jahre verzeichnen wir tatsächlich einen Anstieg an Parallelimportfällen bei Medizinprodukten““, so Keßler. Zunehmende technische Möglichkeiten, Fälschungen kostengünstig herzustellen, und zunehmende Gelegenheit, diese in die legalen Lieferketten einzuschleusen, dürften einigen Medizintechnikunternehmen Sorgen bereiten.
Neben rechtlichen Maßnahmen – das Stellen eines Grenzbeschlagnahmeantrags, Erstattung einer Strafanzeige, einstweiliger Rechtsschutz – investieren zahlreiche Unternehmen in technischen Kopierschutz und in individuelle Produktkennzeichnung (unique device identification – UDI) bereits im Vorgriff auf künftige gesetzliche Regelungen. „Es kann nur darum gehen, das Fälschen der eigenen Produkte unattraktiv zu machen bzw. Fälschungen möglichst früh aufzudecken““, so Keßler, „die Hoffnung, den Fälschungssumpf grundsätzlich trocken zu legen, ist dagegen illusorisch““.
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