Kanzlerkandidatur

AKK-Beben – Zeit der Diadochen

Einen gewissen Machtinstinkt hat Friedrich Merz auch nach Jahren politischer Ämter-Abstinenz nicht verloren. Gleich nach dem Debakel von Erfurt kündigte er seinen Rückzug bei BlackRock an, um seine Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur zu untermauern. Der einstige Unions-Fraktionschef ahnte da wohl schon, dass sich die glücklose CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht mehr lange im Amt werde halten können.

Anders als FDP-Vorsteher Christian Lindner hatte AKK ihren politischen Kompass zwar nicht gänzlich verloren, doch so sehr sie auch am Steuerrad des unter ihrer Führung geschrumpften CDU-Tankers drehte, das Ruder wollte partout nicht in die von ihr vorgegebene Richtung lenken. Mit Händen und Füßen wehrte sich die Thüringer CDU gegen Kramp-Karrenbauers Forderung nach schnellen Neuwahlen, die ihrer Partei aller Voraussicht nach nochmals massive Stimmeneinbußen bescheren würden. Das von Kanzlerin Angela Merkel lautstark aus dem fernen Südafrika eingeforderte Beharren Kramp-Karrenbauers auf dem Dogma einer Äquidistanz gegenüber Linken und AfD hat die CDU in Thüringen politisch manövrierunfähig gemacht.

Dem Totalitarismus von links wie rechts gleichermaßen den Kampf anzusagen, gehört zur Gründungs-DNA der CDU, die in Thüringen erstmals auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wurde. Ohne eine wie auch immer geartete Kooperation mit der Linken um den gestürzten Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ist in Thüringen eine Regierungsbildung unter Ausschluss der AfD nicht möglich. Das gilt auch für Neuwahlen. Aus diesem Dilemma, in das Merkel und mit ihr AKK die Thüringer CDU gestürzt haben, kam die Parteichefin nicht mehr heraus, wollte sie nicht auch noch den letzten Rest ihrer politischen Glaubwürdigkeit verspielen. Mit dem Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und dem angekündigten Rückzug vom Parteivorsitz hat AKK die Reißleine gezogen. Ihr Hinweis, dass Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz in eine Hand gehören, war gegen Merkel gerichtet.

Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass die Partei Kramp-Karrenbauer bis Sommer Zeit lässt, ihre Nachfolge und die Kanzlerkandidatur zu regeln. Tatsächlich kann sich die CDU angesichts der prekären politischen Lage in Thüringen und im Bund ein so langes Machtvakuum mit einer Kanzlerin und einer Parteichefin auf Abruf nicht leisten. Ob mit dem angekündigten Rückzug Kramp-Karrenbauers der Weg für Merz zur Kanzlerkandidatur und an die Parteispitze frei wird, hängt vor allem an Armin Laschet. Der als zögerlich geltende NRW-Ministerpräsident und Exponent des Merkel-Flügels hat in dem Machtspiel viel zu verlieren, wenn er gegen Merz unterliegt. Auch würde Laschet, sollte er seinen Hut in den Ring werfen, die Loyalität seines Landesverbandes, dem auch Merz und Jens Spahn angehören, arg strapazieren.

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