Bundesverfassungsgericht prüft Aktionärsrechte beim Delisting
Die Rechtsprechung zum Delisting stützt sich seit 2002 auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs im Fall Macrotron. Der BGH hatte entschieden, dass die Hauptversammlung einem Börsenrückzug zustimmen und den Minderheitsaktionären ein Abfindungsangebot gemacht werden muss, dessen Höhe in einem Spruchverfahren gerichtlich überprüft werden kann. „Die Macrotron-Entscheidung bedeutet für betroffene Unternehmen, dass sie für ein Delisting einen komplexen zeit- und kostenintensiven Prozess durchlaufen müssen und in der Regel einen Großaktionär benötigen, der den übrigen Kleinaktionären ein Übernahmeangebot zum Kauf ihrer Aktien macht“, so Alexander Honrath, Partner bei Heisse Kursawe Eversheds. „Die meisten Aktionäre nutzen das Angebot des Großaktionärs, da sie später in einem engen Markt häufig nur schlecht verkaufen können.“
Nach der mündlichen Verhandlung zeichnete sich ab, dass das BVerfG womöglich in diese bisherige Rechtsprechungspraxis eingreifen wird. Die Mehrheit der Richter sieht in dem Wechsel einer AG vom geregelten Markt in den Freiverkehr keinen Eingriff in das Vermögen der Aktionäre. „Könnte aber ein Unternehmen entscheiden, die Börse ohne ein Abfindungsangebot an ihre Aktionäre zu verlassen, bestünde die Gefahr, dass Kleinaktionäre und institutionelle Investoren sehr viel schlechter Informationen über ihr Unternehmen erhalten und die Aktie an Wert verliert“, so Honrath. „Es muss sicher gestellt werden, dass eine gewisse Informations- und Liquiditätspflicht beinhaltende Marktsegmente wie m:access nicht wieder kurze Zeit später von den Unternehmen verlassen werden, weil die Unternehmen damit den Kleinaktionär fast ohne Informationen in einem illiquiden Freiverkehr zurücklassen würden.“ Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.