Personalien

Flossbach von Storch/Thomas Mayer – „German Angst“

Beide sind unabhängig und beide bürsten, wenn es die Argumente zulassen, gerne gegen den Strich. So fanden Flossbach von Storch, der hochdekorierte Vermögensverwalter (ca. 70 Mrd. Euro AuM), und Thomas Mayer, ein ebenso anerkannter Chefvolkswirt (u.a. Goldman Sachs und Deutsche Bank) 2014 zusammen. Eine Liaison, die bis heute gehalten hat. Auch weil sie immer wieder mit spektakulären Studien zum Kapitalmarkt, die meisten davon abseits des Mainstreams, vitalisiert wird.

So glänzte die von Mayer mitgegründete Denkfabrik des Vermögensverwalters, Flossbach von Storch Research Institute, erst vor vier Wochen mit einer Analyse zur Wertschöpfung von 1 013 deutschen Aktien in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten. Die Studie beginnt 2003. Nur wenige Jahre vorher hatte der Vermögensverwalter 1999 in Köln seinen Geschäftsbetrieb aufgenommen. Aufsehenerregend bei dieser Studie ist vor allem das Abschneiden der Verlierer. So landet Mayers früherer Arbeitgeber, die Deutsche Bank, mit einer Wertevernichtung von 24,8 Mrd. Euro auf dem letzten Platz, sogar noch hinter dem insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard (Rang 938). Den größten Zugewinn schufen DAX-Schwergewichte wie Allianz, Mercedes, SAP, Siemens und sogar Deutsche Telekom mit jeweils über 75 Mrd. Euro.

Kaum haben sich die Wogen über dieser schonungslosen Studie geglättet, kommt von Mayer der nächste Aufreger in Gestalt eines Buches, das in wenigen Tagen bei Ecowing, einem Verlag unter dem Dach von Benevento Publishing, herauskommt. In „Russlands Werk und Deutschlands Beitrag“ zeigt Autor Mayer auf, „wie Putins und Merkels Politik uns zum Verhängnis wurden“. Der für seine scharfen, oft unbequemen ökonomischen Analysen bekannte Mayer, der in dieser Rolle auch bereits PLATOW-Konferenzen inhaltlich bereichert hat, setzt in dem Buch, dessen Erscheinen ganz bewusst auf den ersten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine terminiert ist, die Brille des scharfen politischen Beobachters auf.

Er stellt die Karrieren von Angela Merkel und Wladimir Putin nebeneinander, wie sie beide, fast gleichaltrig, den Fall der Mauer 1989 in der DDR erlebten, Sie in Ost-Berlin, er in Dresden. Sie kämpfte später mit Atomausstieg, Finanz-, Euro-, Flüchtlings- und Coronakrise, Putin führte den Tschetschenien-, Georgien-, Syrien- und schließlich den Ukraine-Krieg. Zögerlichkeit und Mutlosigkeit der Deutschen, einst unter Merkel, heute unter Olaf Scholz, hätten Russland die Rückkehr als aggressiver Nachfolger der UdSSR erleichtert und die altbekannte „German Angst“ als Handlungsmaxime bis in die Gegenwart verlängert. Letztere Begrifflichkeit hat auch „FAZ“-Herausgeber Berthold Kohler in der neuesten „FAS“ zu dem lesenswerten Beitrag „Wenn du Frieden willst“ inspiriert. afs

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